STADTFINANZEN 2017

Die Probleme im Haushaltsjahr 2017 der Stadt Gera sind noch immer nicht gelöst. Weil die Bedarfszuweisung, die das Land Thüringen zu zahlen bereit ist, deutlich unter dem im Haushaltsplan dargestellten Betrag liegt, kommt es zu einem Ungleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben. Lesen Sie bitte nachfolgend die Einzelheiten.

Nachdem der Stadtrat den Haushaltsplan für das Jahr 2017 und die vierte Fortschreibung des Haushaltssicherungskonzeptes am 16. März 2017 gebilligt hatte, traf am 24. August 2017 der Bescheid des Landesverwaltungsamtes ein. Mit der Bekanntmachung im Geraer Wochenmagazin am 12. August war die vorläufige Haushaltsführung beendet und die Stadt mit Inkrafttreten der Haushaltssatzung befugt, geplante Investitionen umzuseten. Allerdings sorgte der Bescheid des Landesverwaltungsamtes für Unmut in der Stadtverwaltung. Der Grund ist die als viel zu gering erachtete Bedarfszuweisung. Am Montag, den 21. August, gab OB Dr. Hahn in der Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses des Stadtrates die Sperrung von rund 10 Millionen Euro bekannt.

Geplante Ausgaben
– Gesamtausgaben: 261 796 320 Euro
– davon rund 113 000 000 Euro für den Bereich Soziales
– Personalaufwendungen: 63 456 460 Euro

Auf den Bereich Soziales entfallen die meisten Ausgaben. Diese setzen sich wie folgt zusammen:
– soziale Hilfen nach SGB II/XII des Asylbewerber-Leistungsgesetzes: 66 774 510 Euro
– Förderung der Wohlfahrtspflege: 72 500 Euro
– weitere soziale Bereiche: 1 757 770 Euro
– sonstige soziale Hilfen und Leistungen: 30 000 Euro
– Kinder-, Jugend-, Familienhilfe und deren Einrichtungen: 44 025 970 Euro
– Gesundheitsdienste: 299 350 Euro

Geplante Einnahmen
– Gesamteinnahmen: 255 687 770 Euro
– davon Steuerkraftsumme: 67 211 909 Euro

Die Gesamteinnahmen beinhalten folgende finanziellen Unterstützungen des Landes Thüringen:
– Schlüsselzuweisung: 74 269 194,72 Euro
– Mehrbelastungsausgleich: 11 521 320 Euro
– Bedarfszuweisungen: 5 804 010 Euro

In der dritten Fortschreibung des Haushaltssicherungskonzeptes der Stadt Gera 2013 bis 2023 war ursprünglich eine Bedarfszuweisung vom Land Thüringen in Höhe von 7 250 000 Euro für das Jahr 2017 eingerechnet. Der Bescheid des Landesverwaltungsamtes vom 24. August 2016 beinhaltete mehrere Auflagen. Die Stadtverwaltung reduzierte den Betrag und beantragte schließlich 5,8 Millionen Euro am 7. März 2017. Laut dem Bescheid des Landesverwaltungsamt vom 24. August 2017 erhält die Stadt jedoch nur 1,022678 Millionen Euro.

Das Landesverwaltungsamt empfiehlt, die freiwilligen Leistungen zu senken und schreibt von einer „zwingenden Gewerbesteuererhöhung“. Der Hebesatz solle von 470 von Hundert auf 479 von Hundert angehoben werden. Doch das benachteiligt Gera im Vergleich zu benachbarten Kommunen. Die Hebesätze liegen beispielsweise in Korbußen bei 300 v. H., in Bad Köstritz und in Großenstein bei 357 v. H.

Gegen den Bescheid des Landesverwaltungsamtes zum Haushalt 2017 wollte die Stadtverwaltung zunächst keine Rechtsmittel ein und begründete dies am 23. August 2017 wie folgt:

Ein genehmigter Haushalt und eine genehmigte Fortschreibung des Haushaltsicherungskonzeptes sind Voraussetzungen, dass die Stadt Gera Bedarfszuweisungen erhält und weiter investieren kann. Aus diesen Gründen wurden keine Rechtsmittel gegen den Bescheid des Landesverwaltungsamtes zur Haushaltsatzung 2017 eingelegt. Seit dem Stadtratsbeschluss im März waren bis zur Genehmigung des Haushaltes durch die Rechtsaufsicht Ende Juli bereits mehr als vier Monate vergangen. Ohne einen rechtswirksamen Haushalt würde die Stadt Gera im August bei der Vergabe der Bedarfszuweisungen durch das Land leer ausgehen. Beantragt wurden bereits im März 5,8 Millionen Euro.

Am Nachmittag des 29. August 2017 lud OB Dr. Hahn die Vorsitzenden der Stadtratsfraktionen ein, um den Bescheid des Landesverwaltungsamtes über die Bedarfszuweisungen zu bewerten. Man verständigte sich schließlich darauf, gegen den Bescheid des Landesverwaltungsamtes über die Gewährung von Bedarfszuweisungen zu klagen. Der Bescheid, so das Ergebnis der ersten Prüfung durch die Stadtverwaltung und die Fraktionen, enthalte sowohl handwerkliche Fehler, ist aber auch von der Sache her selbst nicht nachvollziehbar.

Zu den offensichtlichen handwerklichen Fehlern im Bescheid des Landesverwaltungsamtes gehört, dass darin behauptet wird, die Haushaltssatzung vom Stadtrat am 2. Januar 2017 beschlossen worden sei. Tatsächlich fand an jenem Tag keine Ratssitzung statt; vielmehr wurde der Beschluss am 16. März 2017 gefasst. Weiterhin hat sich das Landesverwaltungsamt – selbst wenn es dem eigenen Berechnungsmodell folgen würde – zu Ungunsten der Stadt Gera verrechnet: Demnach stünden der Stadt Gera 1,092678 Millionen Euro zu, 70.000 Euro mehr.

Was die Forderung des Landesverwaltungsamtes anbelangt, die freiwilligen Leistungen zu senken, bemerkten die Fraktionsvorsitzenden, dass es sich bei dem zu kürzenden Betrag annähernd um die Summe handelt, welche die Stadt Gera jährlich der Theater und Philharmonie Thüringen GmbH zuleitet. Da es sich bei dem Theaterzuschuss aber um eine vertragliche Verpflichtung handelt, wobei außerdem der Freistaat maßgeblicher Bestandteil des Vertragswerkes ist, wurde die Erwartung geäußert, dass dieser Zuschuss nicht mehr als freiwillige, sondern als Pflichtleistung gewertet wird. Im Gespräch zwischen der Oberbürgermeisterin und den Fraktionsspitzen wurde auch die Forderung des Landesverwaltungsamtes nach einer „zwingenden Gewerbesteuererhöhung“zurückgewiesen.

Der Konsolidierungszeitraum ist ebenfalls ein strittiges Thema. Das Landesverwaltungsamt beauftragte die Stadtverwaltung, das Haushaltssicherungskonzept zu überarbeiten und im Konsolidierungszeitraum bis 2023 zu realisieren. Der Stadtrat hatte nämlich mit Beschluss vom 16. März 2017 auch einer Ausweitung des Konsolidierungszeitraumes bis zum Jahre 2030 zugestimmt. Die Oberbürgermeisterin äußerte Unverständnis über das Vorgehen der Kommunalaufsicht:

„Wir hatten seit Oktober 2016 allein sechs Arbeitsgespräche mit dem Landesverwaltungsamt zum Haushalt 2017 und zur Fortschreibung des Haushaltsicherungskonzeptes. Darin wurde eine Verlängerung des Konsolidierungszeitraumes grundsätzlich nicht in Frage gestellt. Wären uns Einwände oder Hinweise im Zuge der vielen Arbeitsgespräche bekannt gegeben worden, hätten diese in die verwaltungsinterne Bearbeitung und in den Entscheidungsprozess des Stadtrates rechtzeitig einfließen können. Nun, vier Wochen nach der avisierten Entscheidung, erfahren wir Bedenken aus dem Landesverwaltungsamt. Damit verliert unsere Stadt wertvolle Zeit.“

„Es wäre schade, wenn heute nicht mehr wahr sein sollte, was wir mit dem Landesverwaltungsamt verabredet haben“, kommentierte die Oberbürgermeisterin das Schreiben des Abteilungsleiters der Kommunalaufsicht.

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