BEOBACHTUNG, INTERPRETATION UND ERWARTUNG

Beobachtungen, Interpretationen und Erwartungen scheinen für unsere gemeinsame Erlebniswelt von maßgeblicher Bedeutung zu sein. Wissenschaftlich lässt sich das Zustandekommen unserer Wirklichkeit bis heute nicht eindeutig erklären. Es gibt mehrere Theorien und viele Unstimmigkeiten.

Unterdessen teilen immer mehr Menschen die Einschätzung, dass die Welt um sie herum nicht in der von ihnen erlebten Weise existiert. Vielmehr enstehe das Bild im inneren – jedes Lebewesen konstruiere aus äußeren Reizen eine Hypothese von der Wirklichkeit, heißt es sogar in wissenschaftlichen Blättern. Es beobachtet, und nimmt damit Reize auf, die von bereits vorhandenen Dingen als Manifestation eines Willens ausgehen. Diese Reize würden schließlich gedeutet, und damit die Gegenwart formuliert. Unsere Gegenwart, das „Hier“ und „Jetzt“ sei objektiv aber nicht vorhanden. Sie finde nur in den Augen des Betrachters statt. Deutlich würde dies, wenn sich alle Menschen gleichzeitig die Frage stellten: „Wo ist hier, und wann ist jetzt?”

Die gemeinsam erlebte, stofflich erscheinende Gegenwart sei der Bereich, in dem mehrere Hypothesen von der Wirklichkeit ineinander übergehen. Es entstehe ein Konsens verschiedener, zuvor individuell herausgebildeter Realitäten, und damit eine scheinbar feste Welt. Doch diese wahrgenommene Festigkeit, die Materie, löse sich wieder auf, wenn man nach deren kleinsten Teilen suche.

Auf die Interpretation der Umweltreize folge die Erwartung, und damit die Schaffung einer Möglichkeit. Die gemeinsam erlebte Gegenwart folge dem, was zuvor die Mehrzahl der darin beteiligten unbewusst als Erwartung formuliert habe. Die Gegenwart als Konsens aller beteiligten ermögliche die weitere Interaktion und damit die Fortführung dieses Konstruktionsprinzips. Das Ich-Empfinden sei bei jedem teilhabenden Individuum vorhanden. Der Unterschied zwischen Pflanze, Mensch und Tier sei lediglich, dass mit demselben Ich-Empfinden die Gegenwart jeweils aus einer anderen Perspektive mit anderen Fähigkeiten erlebt wird.

Den meisten Menschen ist diese Sichtweise neu oder befremdlich. Doch wo hat sie ihren Ursprung? Haben die Anhänger dieses Weltbildes Angst vor ihrer eigenen Bedeutungslosigkeit oder gar zu viel Zeit? Suchen sie deshalb und nach einem höheren Lebenssinn, der sie aus ihrem täglichen Einerlei befreit? Oder gibt vielleicht die Bedürfnispyramide des Psychologen Abraham Maslow Aufschluss darüber, was es mit der Tendenz in diese gedankliche Richtung auf sich hat?

Bedürfnishierarchie nach Abraham Maslow
Abraham Maslow beschrieb menschliche Bedürfnisse und Antriebe. Seine Bedürfnispyramide zeigt verschiedenen Ebenen. Erst kurz vor seinem Tode erweitere er das Modell um die „Transzendenz“.

In Modellen wie diesen nimmt die Transzendenz den höchsten Platz ein. Diesem Bedürfnis messen manche eine derart große Bedeutung bei, dass sie glauben, es gebe die evolutionäre Entwicklungsrichtung vor. Die nächste Stufe werde nicht mit Hilfe der Technik erreicht, sondern von innen heraus, bewusst und aus eigener Kraft, heißt es. Die technische Entwicklung werde die Menschen dagegen nicht weiterführen.

Wäre dem so und lägen die Anhänger dieses Weltbildes mit ihrer Intuition richtig, dann könnte die obere Ebene in der Bedürfnishierarchie längst besetzt sein. Der Gedanke ist uralt, und einflussreiche Zirkel nutzen möglicherweise bereits das Wissen um die Eigenheiten der Dinge.

Jene Zirkel seien selbst nur Erfüllungsgehilfen. Neuen Mitgliedern werde eine Weiterentwicklung ihrer Persönlichkeit versprochen, doch tatsächlich durchliefen sie Zeremonien, die sie von Mitgefühl und Schuldbewusstsein befreien und zugleich zur Marionette werden lassen für eine Instanz, die sie selbst nicht zu Gesicht bekommen.

Das entscheidende Wissen solle den Menschen vorenthalten, das innere Bedürfnis, in dieselbe Richtung zu streben, dieselben Fähigkeiten zu erlangen, ausgeredet werden. So könne die obere Instanz ihren Platz behalten und werde nicht geschwächt. Sie benötige die darunterliegenden Ebenen als Fundament und gebe für jede Lebensinhalte vor. Einmal würden Religionen in die Welt gesetzt, um die Menschen passiv halten und die Gedanken auf eine Linie zu bringen und lenken zu können. Andermal würden die niederen Bedürfnisse immer geschickter stimuliert, bis dass man sich in einer Welt des ungezügelten Konsumes und der finanziellen Abhängigkeit wiederfinde. Gleichzeitig werde der Korridor für den freien Gedanken soweit verkleinert und umgelenkt, dass man sich selbst geistig beschränke und gar keine Bestrebungen mehr entwickele, den oberen Teil dieser Hierarchie in den Blick zu nehmen.

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*