KURT SCHMIDT UND DIE SYNTHESE DER KÜNSTE IN DER ORANGERIE

Die Kunstsammlung Gera beteiligt sich an den landesweiten Aktivitäten im „Thüringer Bauhaus-Jahr 2019“ mit einem komplexen Ausstellungs- und Katalogprojekt, in dessen Zentrum das Schaffen des 1991 in Gera verstorbenen Bauhauskünstlers Kurt Schmidt (1901-1991) steht. Dem Kunstmuseum seiner Wahlheimat Gera vertraute der Künstler noch zu Lebzeiten seinen künstlerischen Nachlass an. Das ist ein Grund, sich dem Werk von Kurt Schmidt immer wieder unter neuen Aspekten zu widmen und sein Schaffen ins öffentliche Licht zu rücken.

„Das Bauhaus war eine lebendige Ideenschule, ein Experimentierfeld auf den Gebieten der freien und angewandten Kunst, der Gestaltung, der Architektur und der Pädagogik.“ Das stellt Oberbürgermeister Julian Vornarb fest und betont: „Das Bauhaus kommt aus Thüringen und hat die Moderne in die ganze Welt getragen. In Weimar wurde gelehrt, aber gebaut wurde vor allem in Gera.“

Auf der Suche nach innovativen Ansätzen wurde am Bauhaus mit verschiedensten Materialien und Medien experimentiert. Vor allem auf der Bühne wurde die Synthese der Künste praktiziert: Malerei, Architektur, Tanz und Musik verschmolzen im Zusammenspiel von Form, Farbe, Licht, Musik und Bewegung miteinander.

Einer der bedeutenden Protagonisten der Bauhaus-Bühne war Oskar Schlemmer und ebenso sein Schüler Kurt Schmidt, dessen Name heute weltweit mit dem Mechanischen Ballett identifiziert wird, das zu den ersten und revolutionärsten Stücken der Bauhausbühne zählt. 1923 entwickelt, wurde es im selben Jahr während des Bauhausbühnendebüts im Jenaer Stadttheater uraufgeführt. Im Mechanischen Ballett offenbart sich einerseits die Begeisterung der Bauhäusler_innen für die Technifizierung der Welt, andererseits für eine neue abstrakte Bildsprache. Die Übertragung der Konstruktionsprinzipien der Maschine auf den Tanz sowie der Verzicht auf narrative Elemente verband sich mit dem Wunsch, „bewegte Bilder“ zu schaffen.

Im Rahmen der Ausstellung wurde ausgehend von Kurt Schmidts „Mechanischem Ballett“ eine choreografische Neufassung von Torsten Blume mit Musik des Geraer Komponisten Burkhard Schlothauer initiiert, die am Theater Gera uraufgeführt wird.

Kurt Schmidt schuf zahlreiche Arbeiten im Spannungsfeld zwischen Musik, Theater und Bildender Kunst. Wie Kandinsky, bei dem Kurt Schmidt studierte, transferiert Schmidt musikalische Strukturen in ein visuelles Konzept und dynamisiert somit den Bildraum. Schmidt lotet dabei die Grenzen zwischen dem Abstrakt-Ephemeren und dem Visuell-Statischen aus. Doch immer wieder wendet sich Schmidt auch Bühnenentwürfen zu.

Die Ausstellung möchte einerseits dem Verhältnis von Musik, Theater und bildnerischem Schaffen im Werk von Kurt Schmidt nachgehen und andererseits Schmidts Œuvre im Umfeld großer Künstlerpersönlichkeiten wie Oskar Schlemmer, Paul Klee, Wassily Kandinsky, László Moholy-Nagy, Hans Richter oder Xanti Schawinsky, die das intermediale Experiment Bauhaus maßgeblich prägten, kontextualisieren.

Zahlreiche Werke von Kurt Schmidt aus dem Bestand der Kunstsammlung Gera wurden für die Ausstellung neu gesichtet, zugeordnet und aufbereitet und können erstmals öffentlich präsentiert werden. Hervorragende Leihgaben für diese Ausstellung kommen aus renommierten Sammlungen wie der Staatlichen Kunstsammlung Dresden, der Puppentheater Sammlung Dresden, der Theaterwissenschaftlichen Sammlung der Universität zu Köln und aus Schweizer Privatbesitz.
Die Ausstellung wird von Dr. Claudia Tittel kuratiert und es erscheint ein 300-seitiger Katalog in deutscher und englischer Sprache mit Texten u. a. von Claudia Tittel, Gerko Egert, Lars Rebehn und Torsten Blume.

Das Ausstellungsprojekt entstand in Kooperation von Kunstsammlung Gera mit der Bauhaus-Universität Weimar, Fakultät Medien und der Bauhaus Stiftung Dessau.
Darüber hinaus wird in der Ausstellung ein modernes Format der interaktiven Kunstvermittlung anhand einer Virtuell-Reality-Installation (VR) präsentiert. Die beiden Interface-Designer Jonas Jülch (D) und Florian Froger (F) haben ein VR-Spiel zum „Triadischen Ballett“ entwickelt, indem die Besucher_innen mit den Figurinen des Triadischen Balletts interagieren und so Formen, Farben und das Verhältnis von Tanz, Bewegung und Raum hautnah erleben können.

„Wer im Bauhausjahr im vielstimmigen Konzert der Ausstellungen und Veranstaltungen bestehen will, ist gut beraten, ein wenig bekanntes aber eindringliches Instrument zu spielen. Mit der Präsentation des Nachlasses von Kurt Schmidt und den „Intermedialen Experimenten am Bauhaus“ gelingt dies der Kunstsammlung Gera: Innovative Ansätze der Bauhauszeit treffen in der Ausstellung auf innovative Vermittlungsansätze von heute“, freut sich Dr. Martin Hoernes, Generalsekretär der Ernst von Siemens Kunststiftung und Vertreter einer der Förderer des Projektes.

Künstler:
Kurt Schmidt, Roman Clemens, Viking Eggeling, Werner Graeff, Ludwig Hirschfeld-Mack, Wassily Kandinsky, Paul Klee, Fernand Léger, László Moholy-Nagy, Hans Richter, Walter Ruttmann, Xanti Schawinsky, Oskar Schlemmer, Lothar Schreyer, Kurt Schwerdtfeger, Andor Weininger

Förderung:
Gefördert wird das Ausstellungs- und Katalogprojekt durch die Thüringer Staatskanzlei, die Ernst von Siemens Kunststiftung, die Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen, die SV SparkassenVersicherung Holding AG und die Sparkasse Gera-Greiz. Die VR-Installation im Mittelpavillon der Orangerie wird durch das Finanzministerium des Freistaates Thüringen gefördert.

Ausstellungsort:

  • Kunstsammlung Gera, Orangerie (Süd- und Mittelpavillon), Orangerieplatz 1, 07548 Gera

Kurator:

  • Dr. Claudia Tittel, Gera

Ausstellung:

  • 127 Exponate insgesamt, davon: 55 Malerei auf Papier (Aquarell/Tempera), sechs Glasbilder, sieben Bauhaus-Marionetten, 42 Zeichnungen, acht Fotografien/Collagen, zwei Objekte/Plastiken, sechs Experimentalfilme, eine VR-Installation

Ausstellungezeiten:

  1. März bis 10. Juni 2019

Eintrittspreise:

  • 5 Euro, ermäßigt 3 Euro

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*