KEIN MASSENAUFKOMMEN VON SCHWAMMSPINNER-RAUPEN

Die Maßnahmen, welche die Stadtverwaltung unter anderem gemeinsam mit Thüringenforst, dem Ortsteilrat Liebschwitz und der Freiwilligen Feuerwehr zur Bekämpfung der Schwammspinnerraupen in den letzten Monaten ergriffen hatte, zeigen die erhoffte Wirkung: Einwohner und Wald konnten vor einem erneuten Massenaufkommen bewahrt werden. „Verbesserungen sind in Gera in allen Bereichen eingetreten. Zu Kahlfraß ganzer Wälder und Gärten kam es in diesem Jahr nicht“, betonte Konrad Nickschick, städtischer Leiter des Amtes für Umwelt, und ergänzte: „Es gab intensive Anstrengungen und einen regen Austausch zwischen verschiedenen Behörden zur Eindämmung der Plage. Ein großer Effekt konnte mit dem Ausbringen des Pflanzenschutzmittels „Mimic“ in Liebschwitz und Naulitz und dem gemeinschaftlichen Absammeln der Schwammspinner-Gelege erzielt werden.“ Vorsorglich hatte die Stadt laut Nickschick zudem Spezialsauger angeschafft und die Bürger umfassend aufgeklärt.

Der Leiter des Geraer Amtes für Umwelt wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass langfristig mit einem dauerhaften Vorkommen des Schwammspinners in den betroffenen Bereichen zu rechnen ist. „Gerade der Klimawandel bietet leider gute Voraussetzungen, dass sich der Schädling je nach jährlichem Witterungsverlauf immer mal wieder massenhaft vermehren wird“, so Nickschick. Insbesondere nach milden Wintern gefolgt von warm-trockenen Frühjahrs- und Sommermonaten ist ein erneutes massenhaftes Auftreten der Raupe zu erwarten. Dabei bietet der nach Süden hin ausgerichtete trockene Eichenwald als Biotop die idealen Voraussetzungen für das Vorkommen dieser Art. Das bestätigt auch ThüringenForst. Demnach halfen dem Schwammspinner die Witterungsverläufe der vergangenen beiden Jahre in zweifacher Hinsicht: Zum einen fühlt sich der wärmeliebende Schmetterling bei langanhaltenden milden Temperaturen sehr wohl, zum anderen sind viele Waldbäume aufgrund der Trockenheit in ihrer Vitalität eingeschränkt, was sie dauerhaft anfälliger für Forstschädlinge macht.

Mögliche Langzeitfolgen für das hiesige und andere betroffene Waldökosysteme sind laut Thüringenforst gegenwärtig noch nicht final absehbar, sondern abhängig von der weiteren Entwicklung der Klimaerwärmung. „Je nachdem, welche Klimaszenarien tatsächlich eintreten, können die Auswirkungen überschaubar bleiben oder zu völlig neuen Waldbildern führen“, so der Pressesprecher von Thüringenforst, Dr. Horst Sproßmann. Konrad Nickschick schätzt die möglichen Langzeitschäden für betroffene Ökosysteme als durchaus verheerend ein: So könnte ein erhöhter Fraßdruck durch die Raupen in einem aufgrund von Trockenheit geschädigtem System zum Absterben ganzer Wälder führen. Neben dieser Tatsache sind auch weitere Tierarten negativ von einer Massenvermehrung des Schwammspinners betroffen, langfristig sinkt der Artenreichtum in den betroffenen Systemen. Gemeinsam mit dem Forstamt Weida will die Stadt Gera die Populationsentwicklung daher nun fortlaufend und unter wissenschaftlicher Begleitung beobachten. Nur so kann frühzeitig auf entsprechende Veränderungen reagiert werden. Langfristig gesehen erfordert der Klimawandel laut Thüringenforst ein Umdenken in der Waldwirtschaft. Demnach braucht es klimastabile und also standortgeeignete, vielgestaltige und gut gepflegte Mischwälder.

RÜCKBLICK

Im Frühjahr 2019 war in einigen Ortsteile Geras ein ungewöhnlich hohes Raupenaufkommen zu beobachten: Der Schwammspinner, ein in Deutschland natürlich vorkommender Schmetterling, vermehrte sich massenweise. Tausende der haarigen Raupen fraßen sich durch die Wälder und Privatgärten in Liebschwitz, Taubenpreskeln, Lietzsch, Naulitz, Zwötzen, Kaimberg und Poris-Lengefeld und hinterließen in Teilen kahle Bäume und Gewächse. Auch der Raum Heldburg in Südthüringen, Finsterbergen in Mittelthüringen und Sondershausen in Nordthüringen sowie Bereiche in Bayern und Sachsen waren 2019 bis 2020 betroffen.

  • April bis Mai 2019: Schlupf der Schwammspinnerraupen im Wald
  • Mai 2019: Anwohner spüren erste Auswirkungen; es gibt mehr Raupen als üblich
  • Ende Mai/Anfang Juni 2019: erste Beschwerden beim Umweltamt über eine massenhafte Vermehrung der Raupen; teilweise gehen Bürger von Eichenprozessionsspinnern aus
  • täglich viele Anrufe von betroffenen Bürgern; Umweltamt bietet eine telefonische und persönliche Beratung und ist fast täglich vor Ort
  • Samstag, 13. Juni 2019: Oberbürgermeister Vonarb erscheint in Liebschwitz zur Festsellung der Lage
  • Maßnahmen zur Eindämmung der Plage, unter anderem Verteilung von Fliegengittern, Intensivierung der Straßenreinigung, das Angebot von Ausweichquartieren für besonders betroffene Bürger, Unterstützung durch Feuerwehr
  • Mittwoch, 17. Juni 2019: gemeinsame Festlegung des Ortsteilrates, des Forstamtes Weida und der verschiedenen Landes- und städtischen Behörden, dass es keinen Einsatz von chemischen oder mechanischen Mitteln geben wird, da dieser aufgrund der ungeheuren Masse an Raupen wirkungslos wäre
  • Samstag, 27. Juni 2019: Einwohnerversammlung Liebschwitz; Bürger werden über Maßnahmen und weiteres Vorgehen informiert
  • bis Ende August 2019: Verpuppung der Raupen, Schlupf der Schmetterlinge und Eiablage
  • Herbst 2019: Fortführung Monitoring Thüringenforst; Feststellung, dass die Anzahl der Eigelege auf einen neuerlichen Massenbefall 2020 hindeutet
  • Winter 2019: Eröffnung Antragsverfahren Thüringenforst bzgl. Einsatz des Pflanzenschutzmittels „Mimic“ im Wald
  • Januar 2020: Antrag der Stadt Gera auf Ausnahme zum erweiterten Einsatz des Pflanzenschutzmittels „Mimic“ auch im 25 Meter Schutzbereich am Waldrand geht an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sowie die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit; Anträge werden abgelehnt
  • Samstag, 1. Februar 2020: Absammelaktion in Liebschwitz mit 500 Freiwilligen
  • geplante II. Absammlung für 21.03.2020 wird coronabedingt abgesagt
  • Mittwoch, 6. Mai 2020: Einsatz von „Mimic“ in Liebschwitz und Naulitz
  • Mittwoch, 20. Mai 2020: Anschaffung von drei Industriesaugern
  • Juni 2020: Raupen sind vorhanden, kein Kahlfraß von Wald und Gärten, kein Massenaufkommen
  • überregionales Interesse der Zeitungen und Rundfunkanstalten

QUELLE: STADTVERWALTUNG

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