MEHR MITSPRACHERECHT DES PARLAMENTS GEFORDERT

„Es geht um die größten Freiheitseinschränkungen in der Geschichte der Bundesrepublik; es geht um Zumutungen für den Einzelnen und für die Gesellschaft”, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, CDU, am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin. Mit dieser rhetorischen Spitzkehre und der Befürwortung von Debatten im Parlament über die Maßnahmen, sucht er offenbar um Zustimmung für die von ihm angestrebte Verlängerung der Sonderbefugnisse für sein Ministerium. Künftig sei er bereit, häufiger im Parlament über die Maßnahmen zu diskutieren. Es handele sich hierbei aber weder um Willkür oder Zufall, dass es entsprechende Möglichkeiten für den Bund, den Bundesminister oder die Länder gibt, sondern um gesetzliche, vom Bundestag beschlossene Grundlagen.

Denn es wird Kritik am geringen Einfluss der Parlamente auf die Entscheidungen über Corona-Restriktionen laut. Am 25. März 2020 hatte der Bundestag per Beschluss eine „epidemische Lage von nationaler Tragweite” festgestellt (siehe „https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2020/kw37-pa-gesundheit-corona-709474?fbclid=IwAR05dFLC85xMpCelTlkk8G9jcUW3591_TuSDaQrkjN8zB_TpSSbHj8VeF7M”). Damit wurde das Bundesgesundheitsministerium ermächtigt, mit Verordnungen und Rechtsvorschriften in das gesellschaftliche Leben und die Grundrechte der Bürger einzugreifen. Nur der Bundestag kann feststellen, dass diese Situation nicht mehr zutrifft. Gegenwärtig hat der Bund die Gesetzgebungskompetenz; der Vollzug obliegt den Ländern, Kommunen und Gesundheitsämtern.

Die dem Bundesgesundheitsminister eingeräumten Sonderrechte, welche bis 31. März 2021 befristet sind, sollen nun über eine Neufassung des Infektionsschutzgesetzes verlängert werden, und zwar „unter der Voraussetzung, dass dies zum Schutz der Bevölkerung vor einer Gefährdung durch schwerwiegende übertragbare Krankheiten erforderlich ist”, wie es in dem Gesetzesentwurf heißt. Es ist angedacht, die bisherigen Regeln zu „verstetigen”. Zudem geht es um eine Neuordnung der Zuständigkeiten betreffend der Einreise aus dem Ausland und Einreisebeschränkungen.

Bekannt wurde auch die Schaffung einer digitalen Einreiseanmeldung, welche am November 2020 freigeschaltet werden und die bisherigen Formulare ersetzen soll. Dort müssen sich Personen, die aus ausländischen Risikogebieten nach Deutschland kommen, registrieren. Anzugeben ist der Name, persönliche daten, Herkunfts- und Zielort sowie der Einreisezeitpunkt. Flugzeugpassagiere müsssen auch ihre Flugnummer angeben. Die Daten sollen auch zur Verfolgung von Straftaten verwendet werden können. Am genannten Tage sollen auch die neuen Quarantäneverordnungen der Bundesländer in Kraft treten.

Kritiker sind der Ansicht, dass die Corona-Maßnahmen nicht mit dem Grundgesetz in Einklang zu bringen sind, da sie auf einer falschen Behauptung basieren. Die Anzahl der Infektionen habe nichts mit einer nationalen Notlage zu tun, und der PCR-Test könne Infektionen noch nichteinmal beweisen. Es sei eine grippeähnliche Erkrankung in Umlauf, mit nicht ungewöhnlichen Sterbezahlen. Auch die Belegungszahlen der Betten auf den Intensivstationen lägen innerhalb der Schwankungsbreite der vergangenen Jahre. Am 17. Oktober 2020 seien lediglich 0,0678 % der Einwohner Deutschlands testpositiv gewesen. Von diesen hätten 80 % bis 85 % keine Symptome gezeigt. Die Akzeptanz der Corona-Maßnahmen werde durch Verunsicherung der Menschen und Angst erreicht. Mit abstrakten Gefährdungen können keine Grundrechtsbeschränkungen begründet werden, meint etwa Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki, FDP. Der Bund müsse nicht den Infektionsschutz gewährleisten, so Kubicki weiter. Das Infektionsschutzgesetz ermögliche die Gewährleistung der gesundheitlichen Versorgung, in dem zum Beispiel die Krankenhäuser angewiesen werden, mehr Intensivbetten bereitzustellen.

Die Meinung, das Parlament werde bezüglich der Corona-Maßnahmen außen vor gelassen, teilt der CDU-Politiker Rudolf Henke nicht. In den vergangenen Monaten sei mehrmals kontrovers über die gesetzlichen Grundlagen debattiert worden, sagte er im Deutschlandfunk. Der Bundesgesundheitsminister stehe dem Fachausschuss des Parlaments häufiger als sonst Rede und Antwort. Aber dies werde in der Öffentlichkeit oftmals nicht wahrgenommen.

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