THEMENTAG ZUM SCHAUSPIEL „LIEBE MACHT FREI“

Der Spielfilm „Anders als die Andern“ aus dem Jahr 1919 war der erste, welcher sich offen mit dem Thema Homosexualität auseinandersetzte. (Bild Theater/Deutsches Filminstitut und Filmmuseum, Frankfurt)

Am 3. Juni 2022 feiert das Schauspiel „Liebe macht frei“ von Manuel Kressin über die Verfolgung von Homosexuellen im Nationalsozialismus am Theater Gera Premiere. Während Handlung und Figuren des Stücks an Erinnerungen Überlebender angelehnt sind — einer davon ist der Meuselwitzer Rudolf Brazda — widmet sich das Theater Altenburg Gera im Rahmen eines Thementages am Sonntag, den 29. Mai dem historischen Kontext des Stücks sowie der Entwicklungen und Perspektiven der LGBTQI+-Community seit der endgültigen Abschaffung des § 175, dem sogenannten „Schwulen-Paragraphen“, im Jahre 1994.

Neben einem Gespräch zu Inhalt und Konzeption des Stücks mit dem Inszenierungsteam sind unterschiedliche Formate mit Experten und Aktivisten geplant. Den Auftakt bildet ein Vortrag mit anschließender Diskussion mit Dr. Alexander Zinn, Sozialhistoriker und Journalist, zu dessen Forschungsschwerpunkt unter anderem die Homosexuellenverfolgung während der NS-Zeit zählt. 2011 veröffentlichte er mit „Das Glück kam immer zu mir“ die Biographie des aus Meuselwitz stammenden schwulen Holocaustüberlebenden Rudolf Brazda. Zu den weiteren Gästen zählen Charline Köhler, die sich gemeinsam mit dem Stadtjugendring Gera e. V. an verschiedenen Projekten für die queere Community in Gera arbeitet. Unter anderem finden unter ihrer Projektleitung jährlich seit 2018 der Christopher-Street-Day sowie dazugehörige Aktionswochen in Gera statt. Nico Schulte war Torhüter in der U-19-Buindesliga, als er ein unfreiwilliges Outing erlebte. Heute ist er Trainer und Teammanager der Jugendmannschaften von Fortuna Köln und auch als Sozialpädagoge für den Verein tätig. Schulte ist einer der wenigen offen homosexuellen Akteure im deutschen Fußball. Christian Naumann war 2016 und 2017 bei der Bundesinteressenvertretung schwuler Senioren e. V. hauptverantwortlich für die Kampagne zur Rehabilitierung der Opfer der Paragraphen 175 StGB und 151 StGB-DDR. Anschließend baute er die bundesweite Entschädigungshotline für Betroffene auf.

Unter dem Titel „Lieder vom anderen Ufer“ ist im Anschluss ein musikalisches Rahmenprogramm mit frivole Songs und Schlager der Subkultur in den 1920er Jahren, gesungen von den Schauspielern Michaela Dazian, Marie-Luis Kießling, Mario Radosin und Manuel Struffolino, geplant. Begleitet werden sie von Schauspielkapellmeister Olav Kröger am Klavier.

Abschluss der Veranstaltung bildet das Stummfilmkonzert zu „Anders als die Andern“ mit Schauspielkapellmeister Olav Kröger, der auch die Bühnenmusik zu „Liebe macht frei“ komponiert. Der Spielfilm von Regisseur Richard Oswald aus dem Jahr 1919 ist der erste überhaupt, der sich offen mit dem Thema Homosexualität auseinandersetzt. Gemeinsam mit dem bekannten Sexualwissenschaftler Magnus Hirschfeld, der sich im Film selbst spielt und auch am Drehbuch mitgearbeitet hat, zeichnet Oswald ein progressives und vielschichtiges Bild von gleichgeschlechtlicher Liebe, das seiner Zeit weit voraus war. So thematisiert der Film nicht nur die juristischen Probleme, mit denen Homosexuelle zu kämpfen hatten, sondern auch die damit verbundenen gesellschaftlichen Repressionen und deren psychische Auswirkungen auf die Betroffenen. Die Originalfassung des Films fiel 1920 der Zensur zum Opfer und ist heute nicht mehr erhalten. Im Rahmen der Veranstaltung wird eine restaurierte Version gezeigt.

Die begleitende Themenausstellung, die während und nach dem Thementag im Großen Haus Gera im Spiegelfoyer zugänglich ist, widmet sich dem historischen Kontext des Stückes „Liebe macht frei“. Sie wirft sowohl einen Blick in das schwule Leben der Weimarer Republik als auch in die homophobe Propaganda, mit deren Hilfe die Nationalsozialisten ihr repressives und diskriminierendes Weltbild verbreiteten. Die aggressive Verfolgung schwuler Männer im Altenburger Land ist neben den Haftbedingungen für homosexuelle Gefangene in den Konzentrationslagern ein weiterer wichtiger Themenschwerpunkt.

TERMINE

Sonntag, 29. Mai 2022, 13.30 Uhr

  • Gespräch zu „Liebe macht frei“ mit der Produktionsgruppe
  • Veranstaltungsort: Chorsaal
  • unentgeltlicher Eintritt

Sonntag, 29. Mai 2022, 14.30 Uhr

  • unentgeltlicher EintrittGesprächsrunde zu „Homosexualität im Nationalsozialismus“ mit Dr. Alexander Zinn
    Veranstaltungsort: Bühne am Park
  • unentgeltlicher Eintritt

Sonntag, 29. Mai 2022, 16.30 Uhr

  • musikalisches Programm „Lieder vom anderen Ufer“
  • Veranstaltungsort: Bühne am Park
  • unentgeltlicher Eintritt

Sonntag, 29. Mai 2022, 17 Uhr

  • Gesprächsrunde zu „Entwicklungen und Perspektiven der LGBTQI+-Community seit der Abschaffung des Paragraphen 175“ mit Charline Köhler, Christian Naumann und Nico Schult
  • Veranstaltungsort: Bühne am Park
  • unentgeltlicher Eintritt

Sonntag, 29. Mai 2022, 19.30 Uhr

  • „Anders als die Anderen“
  • Veranstaltungsort: Großes Haus
  • Eintrittspreis: fünf Euro auf allen Plätzen

Eintrittskarten sind an den Theaterkassen sowie über die Webseite des Theaters erhältlich. Diese sind unter der Rufnummer 0365 8279105 bzw. 03447 585160 sowie über „www.theater-altenburg-gera.de” erreichbar.

QUELLE: THEATER ALTENBURG GERA GGMBH

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*