NICOLA HÜMPEL ZUR URAUFFÜHRUNG VON „FLEISCH & GEIST“

Nicola Hümpel gründete 1998 mit ihrem Lebensgefährten Oliver Proske am Bauhaus Dessau das Ensemble „Nico and the Navigators“. (Bild: Theater/Musiktheater-Kompanie „Nico and the Navigators“)

„Fleisch & Geist“, die Inszenierung der Berliner Musiktheater-Kompanie „Nico and the Navigators“, markiert einen besonderen Höhepunkt im Programm des 25. Heinrich-Schütz-Musikfestes. In der Inszenierung widmet sich die Künstlerin anlässlich des 350. Todestages von Heinrich Schütz dem Werk des frühbarocken Komponisten, der schon von seinen Zeitgenossen als „Vater der deutschen Musik“ bezeichnet wurde. Das Stück erlebte seine Uraufführung am 14. Oktober 2022 im Theater Gera. Nicola Hümpel leitete künstlerisch die Inszenierung und sprach mit hierüber mit dem Theater.

Sie sind Mitgründer des Musiktheaterensembles „Nico and the Navigators“, das 1998 im Bauhaus Dessau entstanden ist und heute seinen Sitz in Berlin hat. Wie würden Sie Ihr Ensemble beschreiben?

„Nico and the Navigators“ sind seit ihrer Gründung ein spartenübergreifendes Ensemble, das sich mit jeder Inszenierung neu erfindet — obwohl viele der Musikerinnen, Tänzerinnen und Performerinnen in wechselnden Konstellationen seit Jahren zum festen Kern gehören. Als Regisseurin bin ich gemeinsam mit meinem Partner, dem Bühnenbildner Oliver Proske, seit 1998 für alle Projekte inhaltlich und ästhetisch verantwortlich — die Stücke entstehen im Dialog mit den Künstlerinnen. Mit den Jahren hat sich unsere Arbeit immer weiter in den Bereich des Musiktheaters verschoben, zudem erforschen wir systematisch die szenischen Möglichkeiten der neuen Medien. In „Fleisch und Geist“ arbeiten wir seit geraumer Zeit wieder mit einem rein analogen Bühnenraum, ohne Kameras, Projektionen und Augmented-Reality-Brillen. Dieser radikale Schritt zurück nach vorn setzt unglaubliche kreative Energien bei allen Beteiligten frei.

Was verbinden Sie mit dem frühbarocken Komponisten Heinrich Schütz und welche Elemente, die mit seinem Wirken in Verbindung stehen, werden in die Inszenierung einfließen?

Mit Schütz verbinde ich zunächst eine Faszination an seiner Musik, die uns u. a. Freiheiten in der Gestaltung lässt. Ich habe mich in der Vergangenheit bereits mehrfach mit barocken Werken von Bach, Händel und Purcell beschäftigt, nun gehen wir in der Zeit noch weiter zurück — und landen bei dem Meister des Frühbarock und seinen Zeitgenossen. Thematisch interessiert mich die Spannung zwischen „Fleisch und Geist“, die sich bei Schütz aus dem Glauben herleitet — aber als Konflikt zwischen Instinkt und Verstand bis heute jeden Menschen betrifft. Außerdem lebte Heinrich Schütz in einer Zeit großer Krisen, ein Teil seines Lebens war vom Dreißigjährigen Krieg und von Epidemien wie der Pest geprägt. Der Umgang mit solchen Ausnahmesituationen ist natürlich auch für heute interessant.

Welche Themen werden in diesem Stück verarbeitet und was erwartet das Publikum?

Wir beziehen uns in dieser Arbeit nicht nur auf Klang-, sondern auch auf Bildwelten des 17. Jahrhunderts, ohne eine barocke Ausstattung konkret nachzuahmen. Die Besucher werden in den Kostümen einige Zitate dieser Zeit wiedererkennen, während die Kulissen ihnen eine Bibliothek vor Augen stellen — als Schatzkammer des Geistes, die von Zerstörung bedroht ist. Auch musikalisch setzen wir zeitgenössische Akzente in die historischen Vorlagen, denen wir uns immer mit Respekt und mit der Kompetenz unserer Musiker*innen nähern. Und neben Heinrich Schütz sind auch Zeitgenossen wie Claudio Monteverdi mit von der Partie.

Bei „Fleisch & Geist“ handelt es sich um eine gemeinsame Produktion von „Nico and the Navigators“, dem Theater Altenburg Gera, dem Heinrich Schütz Musikfest, den Kasseler Musiktagen und dem Staatstheater Kassel. Wie kam es zu der Zusammenarbeit?

Der erste Impuls kam von Olaf Schmitt, dem künstlerischen Leiter der Kasseler Musiktage, der unsere Arbeit seit langem kennt und schätzt. Er wollte zum Jubiläum eine Koproduktion mit dem Heinrich Schütz Musikfest entwickeln und schlug der Intendantin Christina Siegfried unseren Namen vor. Sie wiederum stellte den Kontakt zum Theater Altenburg Gera her — und nun sind wir hier und freuen uns sehr auf die Uraufführung von „Fleisch und Geist“, ehe wir das Stück in der Berliner Elisabeth-Kirche und im Staatstheater Kassel zeigen.

Nicola Hümpel gründete 1998 mit ihrem Lebensgefährten Oliver Proske am Bauhaus Dessau das Ensemble „Nico and the Navigators“. Die im Jahr 2000 für das Berliner Theatertreffen und den Friedrich-Luft-Preis nominierte Produktion „Eggs on Earth“ verschaffte der Truppe ihren internationalen Durchbruch. Mit einer bildstarken Sprache hat das Ensemble in wechselnden Konstellationen seitdem immer wieder für internationales Aufsehen gesorgt. Seit 2006 sind „Nico and the Navigators“ mit Projekten u. a. zur Musik von Georg Friedrich Händel, Johann Sebastian Bach und Ludwig van Beethoven sowie von zeitgenössischen Komponisten im internationalen Musiktheater vertreten. Sie gastierten weltweit an renommierten Bühnen- und Opernhäusern sowie bei Festivals, u. a. Wiener Festwochen, der Pariser Opéra Comique, dem Daejeon Arts Center in Südkorea und der Philharmonie Berlin. Die Kompanie war bisher mit über 350 Gastspielen in insgesamt mehr als 60 Städten weltweit zu sehen.

QUELLE: THEATER ALTENBURG GERA GGMBH

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