DER METEORITEN-DETEKTIVFALL

Zu sehen ist ein Teilstück des Eisen-Nickel-Meteorits Sarepta aus dem Museum für Naturkunde in Gera. (Bild: Stadtverwaltung)

Das Objekt des Monats März 2023 aus dem Museum für Naturkunde in Gera ist ein Meteoritenteilstück. Meteoriten sind mehr oder weniger kleine Festkörper aus dem Weltall, die die Erdatmosphäre durchquert und den Erdboden erreicht haben. Ihr Alter ist extrem hoch. Die meisten Meteoriten, die auf der Erde landen, sind Bruchstücke von Asteroiden aus dem Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter. Dieses nur 4 mal 3,3 mal 1,7 Zentimeter kleine Bruchstück war Jahrzehnte unbeachtet. Erst im Rahmen einer Ausstellung im Jahr 2019 zum 200-jährigen Falljubiläum des Pohlitzer Meteoriten wurde es zusammen mit den wenigen anderen Meteoritenteilstücken in der Sammlung des Museums neu inventarisiert und dabei genau überprüft. Anfangs sorgte es für Kopfzerbrechen und nur mit Aufwand konnten die wesentlichen Fragen dazu geklärt werden. Unter dem kleinen Bruchstück eines Metallmeteoriten lag ein Fundortetikett mit der Aufschrift „Mähren“. Außerdem klebte an dem Meteoritenstück ein zerfetzter handschriftlicher Zettelrest mit der Aufschrift „Kalm St.1622“.

Zuerst wurde damit begonnen, eine sinnvolle Übereinstimmung der Nummer in verschiedenen alten Sammlungskatalogen zu ermitteln. Tatsächlich lieferte der ursprünglich 1846 angelegte, neuere Katalog der sogenannten „Alten Mineraliensammlung Rutheneum“ einen Treffer. Diese alte Sammlung wurde seit dem späten 18. Jahrhundert im damaligen Fürstlichen Gymnasium in Gera angelegt. Durch die Einträge im alten Katalog wurde klar, was das „Kalm St.“ bedeuten sollte, denn es war „Kalmückensteppe“ als Fundort zu lesen. Die Kalmückensteppe bzw. Kalmückien ist eine Region im Südwesten Russlands. Das Fundortetikett am Boden der Schachtel mit der Aufschrift „Mähren“, was eine historische Region der Tschechischen Republik ist, gehörte also nicht zu dem Stück und war sicher durch eine spätere Verwechslung dazugekommen.

Nach der Recherche mittels umfangreicher Online-Meteoriten-Datenbanken stellte sich im Rahmen der unpräzisen Angabe „Kalmückensteppe“ der Meteoriten-Fundort Sarepta im russischen Oblast Wolgograd als sehr wahrscheinlich heraus. Dort fiel 1854 ein Meteorit mit einer Gesamtmasse von 14 Kilogramm. Eine anschließend von Dr. Alexander Gehler vom Geowissenschaftlichen Zentrum der Georg-August-Universität Göttingen durchgeführte RFA-Analyse (Röntgenfluoreszenzanalyse) ergab genaue Werte zur Zusammensetzung des Meteoritenteilstücks mit 89,5 % Eisen, 8,1 % Nickel und 0,6 % Kobalt. Die spezifische Zusammensetzung untermauerte die vorher vermutete Fundortzuordnung. Außerdem wurde dadurch prinzipiell klar, dass es sich wirklich um ein echtes Teilstück eines Metallmeteoriten handelt.

Mittels der genauen Recherche anhand der Originalkataloge und vor allem der Einbeziehung moderner Analyseverfahren und Datenbanken konnte die Herkunft dieses Meteoritenstücks exakt und zweifelsfrei geklärt werden, wodurch nun auch die genaue Ansprache als Eisen-Nickel-Meteorit „Oktaedrit IAB-MG Sarepta“ möglich ist. Unklar ist, wie das Stück einst in die Sammlung des Fürstlichen Gymnasiums gelangte. Dazu steht nur vermerkt „die durch Tausch erworbenen Mineralien“. Es gibt sehr vage Hinweise darauf, dass das Meteoritenstückchen in Zusammenhang mit einem Mitglied der Familie Glitsch steht. Die Glitschs waren fromme Einwanderer aus dem ostsächsischen Herrnhut, die sich im 18. Jahrhundert im heutigen Wolgograd niederließen und dort geschäftstüchtig die erste Senfproduktion Russlands aufbauten.

QUELLE: STADTVERWALTUNG

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