
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann fordert von den Bürgern mehr Einsatz zur Erhaltung des Wohlstandes und der sozialen Sicherungssysteme. Es soll mehr und produktiver gearbeitet werden. Die tägliche Arbeitszeitbeschränkung will man durch eine wöchentliche ersetzen. Für Rentner ist eine sogenannte Aktivrente geplant.
Im Blick hat Linnemann offenbar diejenigen, die sowieso schon acht Stunden arbeiten bzw. ein arbeitsreiches Leben hinter sich haben. Wenn sie nicht produktiver werden, sind die Sozialsysteme nicht mehr finanzierbar. Hätte der CDU-Politiker zuerst jene gemeint, die wenig oder überhaupt nicht arbeiten, müssten die Arbeitszeitgrenzen nämlich nicht so weit verschoben werden, dass extreme Einsätze möglich sind. Auch eine grundlegende Reform der Sozialsysteme scheint zweitrangig zu sein. Normalerweise müsste es durch die hohe Zuwanderung der letzten Jahre — es kommen vor allem junge Männer — viel mehr neue Beitragszahler geben, als es derzeit der Fall ist. Das Ungleichgewicht wäre etwas kleiner, würden auch diese Menschen mehrheitlich produktiv arbeiten.
Vor einem Jahr hieß es in einer DIW-Studie, in Deutschland werde so viel gearbeitet wie nie zuvor. Nicht nur die Zahl der Arbeitsstunden habe einen Rekordwert erreicht, sondern auch die Zahl der Beschäftigten. Zudem wurde über viele unbezahlte Überstunden berichtet. Trotzdem wächst die Wirtschaft nicht mehr; die Produktivität bleibt nahezu konstant.
Einige weitere Aspekte dürfen nicht übersehen werden: Da die Lohnkosten in der Wirtschaft eine entscheidende Rolle für die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie spielen, kann es im Grunde nur darum gehen, diese zu senken. Automatisierung und Robotik könnten Arbeitsprozesse effizienter gestalten und helfen, die Produktivität zu erhöhen. Eine Qualifizierungsoffensive für Fachkräfte und gezielte Investitionen in Forschung und Entwicklung wären nötig, um neue Technologien zu erschließen und produktive Geschäftsmodelle zu ermöglichen.
Die billige Energie aus Russland, welche Grundlage für das bisherige Geschäftsmodell war, gibt es nicht mehr. Somit braucht das angestrebte Wachstum eine andere Grundlage. Es nicht ganz aufrichtig, wenn Politiker die beabsichtigte Anpassung der Arbeitszeitgesetze einzig mit dem Wunsch einiger Arbeitnehmer begründen, flexibler arbeiten zu wollen. Denn die meisten Unternehmer wollen möglichst wenig Lohnempfänger einstellen und die vorhandenen dafür länger arbeiten lassen. Die Automatisierung und Robotik ermöglicht es, weitere Menschen durch Maschinen zu ersetzen. Wer von den übriggebliebenen nicht Schritt halten kann, wird schnell zu den Überflüssigen gehören. Denen bleibt dann wohl nur noch der Gang zur Bundeswehr, wenn sie dem wirtschaftlichen Abstieg entgehen wollen.
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