EIN MINERAL AUS DER „TODESDRUSE“ VON BEERWALDE

Der Baryt aus der „Todesdruse“ des Bergbaubetriebes Beerwalde misst 16 mal 13,5 Zentimeter und ist im Geraer Museum für Naturkunde zu sehen. (Bild: Matthias Reinhardt)

Das Objekt des Monats August 2025 aus dem Museum für Naturkunde ist ein außergewöhnliches Exemplar des Minerals Baryt aus Ostthüringen mit einer tragischen Begleitgeschichte. Es kann in der ständigen Ausstellung des Museums stets besichtigt werden und mancher Besucher hat sich sicher schon beim Lesen der Objektbeschriftung gefragt, was wohl die Fundortangabe „Todesdruse“ bedeutet.

Die sehr attraktiven, tafeligen und gelb-braunen Baryt-Kristalle, die mit diesem Fundetikett versehen sind, wurden 1983 im Bereich der 360-Meter-Sohle des Bergbaubetriebes Beerwalde der Uranlagerstätte Ronneburg gefunden. Sie befanden sich in einer zirka anderthalb Meter breiten, anderthalb Meter tiefen und zwei Meter hohen Druse. Dieser natürliche Hohlraum, der mit den bis zu 15 Zentimeter großen Kristallen „ausgekleidet“ war, hatte für die Uranerzlagerstätte Ronneburg eine außergewöhnliche Größe. Der Anblick der geräumigen Kristalldruse war sicher überwältigend und wirkte in der sonst dunklen und schwarzen Umgebung des Arbeitsalltags untertage geradezu märchenhaft.

Innerhalb der folgenden 24 Stunden nach der Entdeckung der Druse muss der Steiger Tilo P., der eigentlich im Bereich der 270-Meter-Sohle beschäftigt war, von dem aufsehenerregenden Fund gehört haben. Entweder von der Neugier gepackt, oder um sich vor dem Zugriff anderer noch Kristalle aus dieser Druse zu sichern, ist er in die Druse hineingetreten. Dort ist er dann aber von herabfallenden Gesteinsbrocken getroffen worden. Erst Stunden später am Ende der Schicht wurde der nicht ausgefahrene Bergmann vermisst und nach der Suche schwerverletzt gefunden. An den Folgen dieses Unfalls verstarb er kurz darauf im Krankenhaus. Seitdem trägt dieser spektakuläre Kristall-Hohlraum unter Mineraliensammlern die Bezeichnung „Todesdruse“, so wie durch andere Umstände im Erzgebirge z. B. die „Erdbeerdruse“ und die „Wasserdruse“ bekannt sind.

Auch die Generaldirektion der SDAG Wismut im damaligen „Karl-Marx-Stadt“ wurde informiert und verfügte offiziell die Bergung von Mineralstufen. Jedoch ist wegen des schrecklichen Unglücks die Kristalldruse zeitnah mit Spritzbeton verfüllt worden. Bevor das geschah, müssen offensichtlich auch viele Personen illegal die begehrten Kostbarkeiten geborgen haben. Zum Teil nach dem sie noch Wochen untertage deponiert wurden, kamen die Fundstücke erst ans Tageslicht, als etwas „Gras über die Sache gewachsen war“. Trotzdem wurden auch Wismut-Beschäftigte beim illegalen Abtransport von Mineralstufen aus dieser Druse ertappt und ihre Baryt-Kristalle beschlagnahmt.

Erworben wurde dieses beeindruckende Exemplar eines „Todesdrusen-Baryts“ vom Museum für Naturkunde im Jahr 1992. Wie es 1983 aus dem Bergbaubetrieb Beerwalde herausgeschleust wurde, ist nicht bekannt. In der DDR-Zeit gelangten wegen des Sammelverbots fast gar keine Mineralien der Uranlagerstätte Ronneburg in die Sammlung des Museums. Bergleute, die dennoch untertage Mineralien sammelten und mit nach Hause nahmen, setzten sich einem gewissen Risiko aus und sammelten eher zurückgezogen ohne großes Aufsehen. Selbst gefälschte Fundortzettel wurden für den Fall einer Haus- bzw. Wohnungsdurchsuchung geschrieben.

Erst nach der Wiedervereinigung Deutschlands konnte das Museum für Naturkunde Gera eine umfangreiche Sammlung Ronneburger Mineralien anlegen. Etwa 750 Objekte umfasst aktuell die Kollektion. Der Baryt aus der „Todesdruse“ ist sicherlich ein Glanzstück darin und mittlerweile verfügt das Museum sogar insgesamt über fünf Exemplare dieser Art. Sie werden als bedeutendes naturkundliches Erbe aus Ostthüringen für die kommenden Generationen sach- und fachgerecht aufbewahrt und darüber hinaus natürlich auch teilweise ausgestellt. Die Schönheit der Kristalle lässt die schrecklichen Umstände ihrer Entdeckung fast vergessen machen.

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