
Noch ist unklar, ob die Straßenbahnlinie nach Langenberg gebaut wird. Sie ist Teil des Stadtbahnprogrammes Stufe II, welches mehrere Projekte beinhaltete. Wichtigster Bestandteil war die Sanierung der Wiesestraße als Gemeinschaftsvorhaben verschiedener Aufgabenträger — einschließlich Wasserleitungen und Abwassersammler. Eine neue Straßenbahn auf dieser Strecke kann die Stadt mit eigenen Mitteln nicht finanzieren und ist auf Fördergelder angewiesen. Die geplante Linie nach Langenberg ist im Grunde eine Folge der Förderbedingungen. Je höher das Investitionsvolumen ist, desto höher fällt die Förderquote aus.
Die ursprünglich vorgesehene Förderquote für das Stadtbahnprogramm Stufe II in Gera lag bei 75 % von 50 Millionen Euro. Diese setzte sich zusammen aus 60 % Bundesförderung und 15 % Landesförderung im Rahmen des sogenannten GVFG-Sonderprogramms. Ein Investitionsvolumen unterhalb von 50 Millionen Euro hätte eine niedrigere Förderquote zur Folge, und damit einen höheren Eigenteil für den Geraer Verkehrsbetrieb. Er hätte weniger bauen können und mehr Geld bereitstellen müssen. Die Linie nach Langenberg war also notwendig, um das Volumen von 50 Millionen Euro zu erreichen.
Laut der im Jahre 2012 vorgestellten Studie zum Stadtbahnprogramm betrug das Finanzierungsvolumen für den Bau der Strecke nach Langenberg 21,4 Millionen Euro. Das Gera-Forum berichtete damals:
Nachdem das Thema Stadtbahnprogramm/Linie 4 am 12. September 2012 auf der Tagesordnung des Stadtrates stand, wurde am 9. Oktober 2012 im Rathaussaal die dazugehörige Studie vorgestellt, welche im August auf Geheiß der Oberürgermeisterin vom Geraer Verkehrsbetrieb (GVB) in Auftrag gegeben worden war.
Bei den Berechnungen wurden drei Szenarien betrachtet. Arnim Schiffmann von der Wirtschaftspüfungsgesellschaft Ernst & Young GmbH erklärte, dass die Zahlungsströme im Zeitraum von 30 Jahren betrachtet wurden. Diese 30 Jahre ergeben sich aus der Bauzeit von drei Jahren und einer Nutzungsdauer von 27 Jahren. 52 verschiedene Dokumente wurden gesichtet. Die Unterlagen des GVB wurden als umfassend und detailreich positiv hervorgehoben. Dies sei nicht selbstverständlich, sagte Schiffmann. Am Ende wurden bei den Szenarien Zahlungszugänge und Zahlungsabgänge gegenübergestellt.
Berücksichtigt wurden bei der Studie die demografische Entwicklung, Förderprogramme, der Diskontierungszinssatz, Fahrgeldeinnahmen, Ausgleichszahlungen, Betriebskosten für Fahrwege, allerdings ohne Instandhaltungskosten, KOM-Betriebskosten, Beförderungsentgelte und Tarifsteigerungen.
Das Finanzierungsvolumen für den Bau der Straßenbahnstrecke nach Langenberg beträgt 21,4 Millionen Euro, von denen 6,4 Millionen Euro Eigenmittel des GVB sind. Die Eigenanteile werden fremdfinanziert und über einen Zeitraum von 20 Jahren getilgt. Das führt bei 3,5 % Zinsen zu einem Zinsaufwand von gut 220’000 Euro. Die Tilgung der Darlehen beginnt ab 2016 und wird hier bei 200’000 Euro liegen. Die ersten drei Jahre sind tilgungsfrei. Für die Planungskosten in Höhe von 1,8 Millionen Euro gibt es keine Zuwendungen. Zu den Finanzhilfen vom Land Thürigen sagte Schiffmann, dass die Zuschüsse für den Schienenverkehr höher sind als für den KOM-Betrieb.
Hinsichtlich der Auslastung auf dem Abschnitt Berufsakademie—Langenberg ging man von 770’000 Beförderungsfällen im Jahre 2013 per KOM aus, und von 751’000 im Jahre 2016. Wenn dann im Jahre 2016 die Strecke nach Langenberg in Betrieb ist, rechnet man mit 860’000 Beförderungsfällen. Eingerechnet wurde hier ein sogenannter Attraktivitätszuwachs zugunsten der Straßenbahn in Höhe von 20 %, weil man von einer solchen Steigerung der Beförderungsfälle bei Bahnbetrieb ausgeht.
Der KOM-Betrieb sei auch erheblich ungünstiger. Die Kosten würden sich bei Nichtrealisierung des Projektes inflationsbedingt auf der Strecke Berufsakademie—Langenberg im Laufe des Betrachtungszeitraumes von 30 Jahren von 400’000 Euro auf 700’000 Euro erhöhen. Für die jährlichen 180’000 Fahrplankilometer betrage der Kilometerverrechnungssatz 2,26 Euro.
Gesagt wurde auch, dass der Fünf-Minuten-Takt auf der Linie 3 zwischen Brüte und Berufsakademie auf zehn Minuten erhöht wird, was letztlich zu Veränderungen der Taktzeiten auf der Linie 4 führt.
Es sei nicht auszuschließen, sagte Schiffmann, dass, wenn bei einem Nichtbau die Bundesfördermittel verloren gehen, das Land die 60 % übernimmt. Das würde aber den Eigenanteil des GVB um 11,5 Millionen Euro erhöhen. Es entstünden noch weitere zusätzliche Mehrkosten für GVB und Zweckverband Wasser/Abwasser an gemeinsamen Baustellen in Höhe von jeweils zwei Millionen Euro.
Aus dem Publikum meldete sich mehrmals die Bürgerinitiative Langenberg zu Wort, darunter deren Sprecher Frank-Thomas Seyfarth (FDP-Stadtratsmitglied). Er befürchtet, dass die veranschlagten Baukosten nicht einzuhalten sind, was seiner Ansicht nach heutzutage der Regelfall ist, und fragt sich, bis zu welcher Summe die Wirtschaftlichkeit gegeben ist.
Durch die Förderbedingungen bestimmt der Fördermittelgeber indirekt, was gebaut wird. Bei höchstmöglicher Förderung muss es zum Beispiel ein Rasengleis sein, wodurch die Straßenbahn zur Stadtbahn wird. Es gibt Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit und den verkehrlichen Nutzen, die de facto nur mit der Verbindung zwei einwohnerreicher bzw. hochfrequentierter Orten erfüllt werden können. Sonst ist das Projekt nicht förderfähig. Langenberg war der geeignetste Ort für eine Verbindung, mit der alle Anforderungen erfüllt werden können.
Gilt die gleiche Förderquote bereits bei einem Investitionsvolumen von 30 Millionen Euro, was seit 2021 der Fall ist, könnte auf die Linie nach Langenberg verzichtet werden. Da aber bereits Gelder für die Umsetzung investiert und Fördermittel gezahlt wurden, hätte es zu Rückforderungen kommen können — was nun nicht mehr der Fall sein soll.
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