
Die Sonderausstellung „Das bedeutet Krieg! Stadt und Menschen in bewaffneten Konflikten“ endet am 19. Oktober 2025.
Schwer und von unregelmäßigen Kanten durchzogen – das Fragment einer Kanonenkugel wirkt auf den ersten Blick unscheinbar. Doch tatsächlich erzählt es von Feuer, Rauch und Donner auf der Ostsee: Es stammt vom dänischen Linienschiff „Christian VIII.“, das im Schleswig-Holsteinischen Krieg unterging. In diesem Relikt verdichten sich die Spuren einer Zeit, in der mächtige Schiffe und donnernde Geschütze den Ausgang von Schlachten bestimmten.
Zwischen 1848 und 1851 kam es in Schleswig und Holstein zu den ersten militärischen Konflikten, die später als Schleswig-Holsteinischer Krieg in die Geschichte eingingen. Zwar standen sowohl Schleswig als auch Holstein unter der Herrschaft der dänischen Krone, doch deutsche Nationalisten erhoben sich gegen Dänemark und verlangten, Schleswig in den Deutschen Bund einzugliedern. Unterstützung erhielten sie von Preußen und weiteren deutschen Staaten – unter ihnen auch das Fürstentum Reuß jüngerer Linie. Erste Erfolge ließen nicht lange auf sich warten, etwa in der Schlacht bei Eckernförde, von der das Fragment der Kanonenkugel noch heute still erzählt. Neben diesem Zeugnis der Kämpfe bewahrt das Stadtmuseum auch Briefe von Ernst Voigt, der in der reußischen Armee diente. In seinen Notizen schilderte er die Schlacht eindrucksvoll. Er schrieb:
Am sechsten Tag zogen wir weiter Richtung Osten, bis nach Eckernförde. […] Nach drei Tagen hörten wir plötzlich Kanonenschüsse – der Feind war im Anmarsch! Wir eilten nach Eckernförde und sahen dort sieben dänische Kriegsschiffe vor Anker liegen. In dieser Nacht schliefen wir im Freien, und am nächsten Morgen begann die Schlacht. Es donnerte und krachte von 7 Uhr morgens bis 5 Uhr nachmittags. Doch am Ende siegten wir! Die Dänen flohen, und eines ihrer größten Schiffe, die „Christian VIII.“, explodierte am Abend mit etwa 200 Mann an Bord. Ein weiteres Schiff die „Gefion“, ergab sich, und wir nahmen 900 Gefangene.
Auch eine Lithographie der Vernichtung des Linienschiffes „Christian VIII.“ am 5. April 1849 gehört zur Sammlung des Stadtmuseums. Im Vordergrund zeigt sie die gewaltige Explosion, die das Schiff auseinanderreißt; im Hintergrund ist ein weiteres Segelschiff zu erkennen, bei dem es sich vermutlich – wie von Ernst Voigt erwähnt – um die „Gefion“ handelt. Die Lithographie vermittelt eindrucksvoll, wie das dramatische Ereignis im 19. Jahrhundert wahrgenommen und visuell festgehalten wurde. Daneben steht das Fragment der Kanonenkugel als materielles Zeugnis des historischen Geschehens.
1851 mussten die Schleswig-Holsteiner auf internationalen Druck ihre Waffen niederlegen, Dänemark behielt die Herzogtümer – doch der Konflikt blieb ungelöst. Als Dänemark Schleswig mit der Novemberverfassung von 1863 enger an sich binden wollte, reagierten Preußen und Österreich mit einer Kriegserklärung. Diesmal waren die deutschen Truppen moderner ausgerüstet: Nach der Eroberung der Insel Alsen durch die Preußen und des gesamten jütländischen Festlands durch Österreich musste Dänemark seine Niederlage eingestehen. Im Wiener Frieden vom 30. Oktober 1864 wurden Schleswig und Holstein schließlich abgetreten und gemeinschaftlich von Preußen und Österreich verwaltet.
Noch bis zum 19. Oktober 2025 ist das Fragment in der Sonderausstellung „Das bedeutet Krieg! Stadt und Menschen in bewaffneten Konflikten“ zu sehen, ehe es in die Dauerausstellung des Stadtmuseums zurückkehrt.
TEXT: TABEA HASAN, STADTMUSEUM
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