An der jüngsten Gewalttat in Großbritannien wird deutlich, welche Folgen unterschiedliche journalistische Standards haben können. Zwei Männer hatten in einem Zug mehrere Menschen niedergestochen und teilweise lebensgefährlich verletzt. Aufgrund der Schwere sorgt der Fall auch fernab der Insel für Aufsehen. Die meisten Menschen interessiert vor allem zwei Fragen: Was ist geschehen und wer waren die Täter. Letzteres wird dann umso relevanter, je unklarer das Tatmotiv ist.
Während ARD, ZDF und Deutschlandfunk zwei gebürtige Briten als Tatverdächtige nennen, was die Skepsis bei vielen Mediennutzern nur noch fördert, gibt die BBC auch Hautfarbe und Abstammung preis — und bedient damit ein Informationsinteresse, das in Deutschland ebenfalls vorhanden ist. Die Zurückhaltung bestimmter Angaben spielt den Betreibern alternativer Medien in die Hände. Sie übernehmen ungefiltert sämtliche BBC-Inhalte und heben für sie relevante Details hervor. Dadurch erscheinen die Beiträge der etablierten Medien lückenhaft. Auf den Vorwurf, wesentliche Dinge nicht erwähnt zu haben, reagieren sie häufig mit Ermahnungen und weisen den Leser darauf hin, dass nicht er entscheidet, welche Angaben von Belang sind.
Das Informationsangebot befriedigt in diesem Falle nicht vollständig die Nachfrage, weil viele Mediennutzer andere Dinge als relevant erachten als die Redaktionen, andere Zusammenhänge sehen und zu anderen Schlussfolgerungen kommen. Die Abwanderung zu alternativen Kanälen beschleunigt sich mit dem Deaktivieren der Kommentarspalten oder dem gänzlichen Auslassen brisanter Inhalte in den sozialen Netzwerken.

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