RONNEBURG ARTIKULIERT DEN CORONA-FRUST

Auch in Ronneburg wächst der Frust wegen der schon seit einem Jahr fortdauernden Einschränkungen. Allerdings wird er dort von offizieller Seite wesentlich unmissverständlicher artikuliert, als es in den meisten anderen Orten der Fall ist.

„Ein Unglück kommt selten allein“, schreibt die Bürgermeisterin auf der städtischen Internetseite „https://ronneburg.de/“, und meint damit nicht nur die jüngsten tragischen Vorkommnisse im Ort, sondern auch die „erneuten dramatischen ‚Lockerungsmaßnahmen‘ zugunsten unserer Gesundheit“. Für ein Stadtoberhaupt fällt die Kritik ungewohnt deutlich aus:

Während die Großköpfigen uns die neuen 10 Gebote in einem nicht les- bzw. verstehbaren Stundenplan präsentieren, ringen wir an der Basis um Lichtblicke in einem tristen und starren Lebensgefühl. Frust und rauer werdender Ton bestimmen derzeit unser tägliches, gegenseitiges Begegnen. Wir haben uns zwar an die Begriffe Covid 19, Lockdown, Inzidenz, Coronaschnelltest und Impfzentrum, jetzt noch Mutante und Turboviren, gewöhnt. An die Einschränkungen im täglichen Leben mit Maske, Veranstaltungs- und Reiseverzicht sowie Schließungen von Serviceeinrichtungen und Geschäften, Homeoffice, Kita- und Schulnotbetreuung wollen wir uns nicht gewöhnen und der Ruf nach Normalität wird fordernder. Warum? Weil die meisten unserer Mitmenschen am Limit leben und arbeiten. Unser Leben muss zwingend wieder aus dem „Wir sind alle von Corona bedroht“ herausmanövriert werden. Wir können nicht von Lockdown zu Lockdown stolpern, wir müssen lernen, und da bleibe ich bei meiner Meinung, lernen mit dem Virus zu leben. Wir müssen uns schützen, das ist richtig, denn es ist kein einfacher Grippevirus. Wer sich und seine Familienangehörigen betroffen sah, weiß, wie gefährlich diese Erkrankung ist. Wir müssen unser Verhalten an die Situation anpassen, das ist auch richtig, aber wir müssen nicht permanent von Angst begleitet werden, dass wir sterben müssen, wenn wir nicht ständig unsere Gesundheit nachweisen. Jeden Tag, jede Woche einen Schnelltest machen, um unser Gewissen zu beruhigen? Alle hecheln im Moment der Einhaltung der Hygienevorschriften nach, als ob das die Berechtigung zur Teilhabe am sozialen Leben ist. Der derzeitige Ausnahmezustand wird sich noch lange hinziehen und sich auch nicht durch Impfungen als Allheilmittel von allein beenden. Der gesellschaftliche und menschliche Schaden, der seit März 2020 entstanden ist, kann nicht behoben werden. Wir können nicht immer an uns selbst appellieren, dass wir geduldig, verständnisvoll und gehorsam in die nächsten Monate blicken sollen. Noch mehr soziale Isolation verkraften wir nicht mehr lange.
Wir brauchen die viel zitierte „Öffnungsklausel“, die uns Perspektive und Hoffnung auf ein baldiges normales Leben gibt.
Die Logistikeingreiftruppe lahmt gewaltig und wir fragen uns alle: Was ist hier los? Die Zahlen 35 und 50 werden von uns auf die rote Liste gesetzt. Wir nehmen es täglich mit fast apathischer Ignoranz wahr. Mit Widerwillen, aber trotzdem neugierig – wie magisch angezogen – schauen wir jeden Morgen auf die Coronazahlen und stöhnen enttäuscht, weil sie wieder gestiegen sind und wir sie nicht ausradieren können. Die Lage ist katastrophal. Ob Bezugsscheine für Masken, Impftermine, Schulbetrieb, Kitaöffnung oder der Einzelhandel sowie Vereinsarbeit, alles steht still. Leider hat man uns unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass es uns als Kommune nichts angeht, wie Tests und Impfungen organisiert werden.

Derweil stimmt die Bundesregierung die Menschen auf noch härtere Beschränkungen ein. Dabei soll der Bund mehr Entscheidungsbefugnisse erhalten. Ein Entwurf zu den neuen Regeln liegt bereits vor. Thüringens Minister Helmut Holter befürchtet, der Bund werde den Ländern die Kompetenzen und die Entscheidungshoheit entziehen. Laut Beobachtern wird sich die Stimmung in den Kommunen bis zum Sommer noch weiter verschlechtern, sollte dieses Ansinnen verwirklicht werden.

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