VORSTÖSSE FÜR MEHR UNABHÄNGIGKEIT VON DEN USA

Die jüngsten Vorschläge des Bundesaußenministers Heiko Maas für eine neue Strategie im Hinblick auf die USA sorgen für Aufsehen. In einem Gastbeitrag für die Zeitung „Handelsblatt“ sprach er sich für eine Stärkung der europäischen Autonomie aus. Diese stellt er sich so vor, dass Deutschland zusammen mit Frankreich und anderen Staaten der EU ein Zahlungssystem einführt, auf das die USA keinen Einfluss nehmen können. Außerdem plädiert er für die Schaffung eines Europäischen Währungsfonds und fordert eine Digitalsteuer auf die Gewinne der US-Internetkonzerne. Europäische Unternehmen müssten rechtlich vor Sanktionen geschützt werden.

Nach Ansicht des Außenministers begannen die Veränderungen in der US-Politik lange vor der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten und würden seine Amtszeit überdauern. Deshalb sei es nicht möglich, diese Präsidentschaft einfach auszusitzen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach mit Blick auf den Gastbeitrag von einer Meinungsäußerung und sagte, es handele sich nicht um ein gemeinsamen Vorstoß der Bundesregierung. Merkel sieht eine enge Partnerschaft mit den USA, die in vielen Bereichen, etwa der Sicherheit, nötig sei.

Die USA hatten unlängst das Nuklear-Abkommen mit dem Iran beendet und Sanktionen gegen den Staat in Kraft gesetzt. Weil die EU an dem Abkommen festhält und die Geschäftsbeziehungen mit dem Iran aufrechterhalten möchte, fürchten europäische Banken Sanktionen der USA, wenn sie Zahlungsaufträge für Handelsgeschäfte mit iranischen Firmen ausführen. Die USA wollen verhindern, dass auf diese Weise Geld in den Iran gelangt.

Seit dem Jahre 1973 wird für internationale Überweisungen das Netzwerk der „Organisation für globalen Geldtransfer“, SWIFT, verwandt. Auf den Rechnern der Geschäftsbanken, Investment-Gesellschaften und Zentralbanken sind entsprechende Betriebsprogramme installiert. Der Bundesaußenminister schlägt vor, ein gleiches, aber von den USA unabhängiges System zu schaffen.

Bestrebungen, sich dem Einfluss der USA zu entziehen, gibt es auch vielen anderen Staaten. Russland, Iran, die Türkei, Venezuela und China – sie alle wollen die Dominanz des US-Dollars beenden und in ihren eigenen Währungen handeln. Venezuela nimmt beispielsweise seit dem Jahre 2012 für Teil seiner Öl-Lieferungen den Euro entgegen, obwohl der US-Dollar weltweit die Abrechnungswährung für Öl-Lieferungen ist. Bereits nach der Ankündigung kam es zu einem Putsch gegen den Präsidenten des Landes. Die USA unterstützten die venezolanischen Oppositionsparteien.

Der türkische Präsident Erdogan sagte im August 2018 bei einer Veranstaltung seiner Partei AKP:

Dieses System, das der ganzen Welt einen Wirtschftskrieg erklärt, das die Länder mit Sanktionen zu Schutzgeld zwingt, werden wir niemals akzeptieren! Wir haben euer Spiel durchschaut und fordern euch heraus!

Erdogan sprach von einer Operation gegen die Türkei. Deren Zweck sei es, die Wirtschaft des Landes und dessen Verteidigungsmechanismen auszuschalten, um somit die Türkei, beginnend mit den Finanzen bis hin zur Politik, in allen Bereichen, zur Geisel zu nehmen. Man werde für den Handel ein neues System aufbauen und die eigenen Währungen verwenden.

Dies erachten Fachleute aber als riskant. Eine alternative Leitwährung ist nicht in Sicht, sollten sich immer mehr Staaten vom US-Dollar lossagen. Dem Euro werden keine großen Chancen eingeräumt. Manche Investoren rechnen bereits mit einem Kollaps, haben sich an den Märkten entsprechend positioniert und wagen, basierend auf ihren eigenen Kalkulationen, sogar Prognosen. Diesen zufolge soll es schon im August 2019 zu ernsten Problemen kommen, welche sich im weiteren Verlauf zu einer Krise entfalten werden. Erwartet wird zunächst eine deflationäre Phase des Euro, also ein Anstieg seines Wertes. Danach folgen eine erhebliche Wertminderung und eine Kapitalflucht in den US-Dollar, wodurch dieser gestärkt würde. Die wirtschaftliche Depression werde etwa im Jahre 2020 beginnen und auch größere gesellschaftliche Auswirkungen haben.

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