EMMA — VERLÄNGERUNG DER TESTPHASE WIRD GEPRÜFT

Der automatisierte Kleinbus ist bis zum 16. Februar 2021 in Lusan unterwegs und kann unentgeltlich genutzt werden. (Bild: Claudia Steinhäußer, Stadtverwaltung)

Vor rund fünf Wochen, am 14. Dezember 2020, begann das Forschungsprojekt zum „Automatisierten Fahren in Gera“ mit der Testphase. Seitdem können Passagiere die „letzte Meile“ im Stadtteil Lusan im automatisierten E-Kleinbus „Emma“ zurücklegen. Dass das bei den Geraern gut ankommt, zeigen die rund 200 Mitfahrten in den ersten Testbetriebstagen vor Weihnachten. Nach Angaben der Dualen Hochschule Gera-Eisenach, die das Forschungsprojekt koordiniert, war der Pendel-Bus unmittelbar nach Beginn des Passagierbetriebes ausgelastet. Immer mit an Bord ist ein Operateur der GVB Verkehrs- und Betriebsgesellschaft mbH Gera, der in kritischen Situationen jederzeit das Steuer übernehmen kann. Zudem bestätigen erste Auswertungen der parallel zum Testbetrieb laufenden Umfragen die grundsätzliche Aufgeschlossenheit der Befragten für das automatisierte Fahren.

Der testweise Einsatz von „Emma“ im realen Passagierbetrieb ist das Herzstück des vom Thüringer Umweltministerium geförderten Forschungsprojektes, denn er liefert wichtige Daten, die direkt in die Mobilitätsforschung einfließen und so zur Weiterentwicklung der Mobilität in Deutschland beitragen. Dazu gehören vor allem Erkenntnisse über die Akzeptanz der Nutzerinnen und Nutzer und die Möglichkeit, die Theorie mit echten gefahrenen Kilometern an Erfahrung auf der Straße abzugleichen. Aufgrund der Witterungsverhältnisse musste „Emma“ in den letzten Wochen jedoch wiederholt pausieren. Der Hintergrund: Die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) lässt entsprechend der erteilten Ausnahmegenehmigung nach § 70 einen Betrieb von automatisierten Fahrzeugen wie „Emma“ bei Schneefall und Eisglätte nicht zu. Zusätzlich trat ein Defekt an der Ladetechnik des Fahrzeugs auf, der durch eine Reparatur schnell behoben werden konnte. Dazu erklärt Oberbürgermeister Julian Vonarb: „Dass es in jüngster Zeit zu Ausfällen gekommen ist, hat überwiegend pragmatische Gründe und zahlt auf das Konto Erfahrung ein, was den Sinn eines Forschungsprojektes ausmacht. Unser gemeinsames Ziel ist es, dass wir hier in Gera die Mobilität der Zukunft für Deutschland mitgestalten. Dazu trägt ‚Emma‘ maßgeblich bei. Ich freue mich, dass bisher so viele Menschen die Möglichkeit einer Mitfahrt genutzt haben und danke allen Projektpartnern für ihr Engagement.“

Auch GVB-Geschäftsführer Thorsten Rühle betont das große Potenzial des Projektes für die Stadt: „Wir freuen uns, dass Gera in Thüringen bei der Erprobung autonomer Kleinbusse die Nase vorn hat und wir damit auf Augenhöhe mit Städten wie Wien, Hamburg aber auch dem kleinen Monheim am Rhein stehen, die hier eine Vorreiterrolle einnehmen.“ Der GVB verantwortet den Einsatz von „Emma“ im Linienbetrieb.

Die Nutzung von automatisierten Fahrzeugen wie „Emma“ im öffentlichen Nahverkehr bietet vielfältige Chancen: Durch die Erschließung von bisher für Bus oder Bahn ungünstig gelegenen Quartieren oder Straßen, etwa in Stadtrandlage, wird insbesondere mobilitätseingeschränkten Menschen die verstärkte Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ermöglicht. „Mit der Erprobung eines autonomen Busses wie „Emma“ werden unsere Vorstellungen über die zukünftige Ausrichtung des öffentlichen Nahverkehrs in Gera greifbar und auch sehr viel konkreter. Unser Ziel ist es, im Rahmen des Smartcity-Projektes der Stadt Gera an der Haltestelle Lusan/Laune einen multimodalen Mobilitätspunkt zu schaffen, an dem unsere Fahrgäste von der Straßenbahn in andere Verkehrsträger wechseln und umgekehrt. Favorit ist dabei ein autonomer Kleinbus, der die Quartierserschließung übernimmt und den Fahrgast faktisch bis vor die Haustür bringt“, kommentiert Thorsten Rühle die weiteren Pläne.

Durch die Ausweitung der Dienste auf neue Bediengebiete und ein auf die Bedürfnisse ihrer Kunden noch besser abgestimmtes Angebot verspricht sich die GVB einen Fahrgastzuwachs. Das würde dazu beitragen, dass die Zahl an PKW-Fahrten und der Besitz an Individualfahrzeugen nachhaltig reduziert wird, was eine Entlastung der Infrastruktur zur Folge hätte. Zudem werden die Umweltauswirkungen von automatisierten Fahrzeugen als geringer eingeschätzt als bei herkömmlichen Fahrzeugen, etwa aufgrund eines niedrigeren Energiebedarfs durch technisch optimierte Fahrvorgänge. Das aktuelle Forschungsprojekt wird daher nicht nur zeigen, wie aufgeschlossen die Geraer gegenüber dem automatisierten Fahren sind. Es wird auch wertvolle Erkenntnisse in den großen Themenfeldern Ökologie, Mobilität und Digitalisierung liefern. Derzeit wird geprüft, ob der Testbetrieb aufgrund der wiederholten witterungsbedingten Aussetzung verlängert werden kann. Planmäßig soll der automatisierte Kleinbus acht Wochen lang unterwegs sein. Interessierte können regulär noch bis Ende Februar in dem selbstfahrenden Fahrzeug mitfahren. Die durch die Duale Hochschule Gera-Eisenach parallel zum Testbetrieb entwickelten Umfragen zur Mobilität im Allgemeinen und zum Emma-Projekt im Besonderen sollen die Einstellungen der Geraer Bevölkerung zu neuen Mobilitätskonzepten wie dem automatisierten Fahren ermitteln. Dazu werden als Posteinwurf Fragebögen im Fahrgebiet von „Emma“ verteilt. An der Umfrage kann außerdem online unter umfrage.dhge.de teilgenommen werden. Sie richtet sich ausdrücklich an alle interessierten Bürgerinnen und Bürger und ist anonym.

Initiiert wurde „Emma“ (elektrisch mobil markant automatisiert) mit einer Investitionssumme von 30’000 Euro durch die Geraer Fahrschule Fischer Academy GmbH und die TAG Wohnen & Service GmbH. Das Thüringer Umweltministerium fördert das Projekt zusätzlich mit 80’000 Euro. „Emma“ fährt mit 15 km/h vom REWE-Parkplatz an der Zeulsdorfer Straße eine Runde durch den Stadtteil Lusan. Für die rund zwei Kilometer braucht es etwa 18 Minuten. Aufgrund der Corona-Beschränkungen können derzeit statt sieben nur vier Personen gleichzeitig im Fahrzeug Platz nehmen. Die Fahrt ist für Anwohner und Interessierte kostenfrei. Die Projektsteuerung verantwortet die Duale Hochschule Gera-Eisenach. Die Realisierung von „Emma“ im städtischen Linienbetrieb erfolgt in enger Kooperation mit der GVB und dem Geraer Verkehrsamt, die unter anderem bei der Einholung von Genehmigungen, der Erstellung des Fahrplans, dem Entwurf der Routenplanung und nicht zuletzt bei der entsprechend notwendigen Verkehrsplanung maßgeblich beteiligt waren.

Weitere Projektpartner sind die Energieversorgung Gera GmbH für Strom und Infrastruktur, die Nuts One GmbH als Experten für automatisierte Pendelfahrzeuge, die KFZ-Werkstatt Sven Junge GmbH für den Transport, sowie das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) für die wissenschaftliche Unterstützung.

QUELLE: STADTVERWALTUNG

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*