AUF DER SUCHE NACH EUROPÄISCHEN LÖSUNGEN

Angela Merkel, Jean-Claude Juncker und Emmanuel Macron demonstrieren am 19. Juni 2018 im brandenburgischen Meseberg Einigkeit. (Bild: RTL "Internationalen Noriichteniwwerbleck vum 20. Juni 2018")

Während die Stimmen gegen ihren Kurs immer lauter werden, reist Bundeskanzlerin Angela Merkel dieser Tage von einem Treffen zum nächsten und sucht Rückendeckung. Beim schwierigsten Thema, der Asylpolitik, ist derzeit aber keine Einigung in Sicht. Strittig ist insbesondere die Verteilung innerhalb der EU.

Am 19. Juni kamen Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron im Schloss Meseberg zusammen und verabschiedeten die „Meseberger Erklärung“. Diese soll Grundlage für die weiteren Verhandlungen der EU-Mitgliedsstaaten sein. Darin eingegangen sind Macrons Vorschläge für eine Reform der Euro-Zone und Merkels Vorstellungen zur Flüchtlingspolitik. Macron sagte der Rücknahme in Frankreich registrierter Flüchtlinge zu und erwartet als Gegenleistung Merkels Zustimmung zum Euro-Zonen-Budget. Die „Meseberger Erklärung“ beinhaltet als Vorschlag für das Sonder-Treffen der EU-Mitgliedsstaaten folgende vier Kernprojekte:

– Reform der Wirtschafts- und Währungsunion
– Stärkung der Außen- und Verteidigungspolitik
– gemeinsame europäische Asylpolitik
– engere Kooperation bei der Forschung, insbesondere zur künstlichen Intelligenz

Emmanuel Macron strebt die „Neugründung eines souveränen, vereinten und demokratischen Europas“ an und hofft, dass die deutsche Bundeskanzlerin angesichts ihrer Notlage auf sein Ansinnen eingeht.

Das außerordentliche Beratungs- und Arbeitstreffen der EU-Mitgliedsstaaten findet am 24. Juni 2018 in Brüssel statt. Eingeladen hierzu hatte der Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, auf Wunsch Angela Merkels. Gesprochen werden soll über die Verteilung der Migranten in Europa. Eine Abschlusserklärung ist nicht geplant. Die vier Staaten der Visegrad-Gruppe sagten ihre Teilnahme ab. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban erklärte, es sei nicht die Aufgabe der EU-Kommission, ein Gipfeltreffen der Premierminister zu organisieren, sondern Aufgabe des EU-Rates und des Ratspräsidenten. Dieser habe sich daran gehalten und für Donnerstag ein Gipfeltreffen zum Thema Migration einberufen.

Es werden folgende Positionen vertreten: Italien will keine Migranten zurücknehmen, die dort registriert sind, aber das Land verlassen haben. Die Tschechische Republik droht mit der Schließung der Grenzen, sollte Deutschland Migranten zurückweisen wollen. Bulgarien verlangt undurchlässige EU-Außengrenzen und plädiert für die Errichtung von Auffanglagern in der Türkei sowie Libyen.

Nach Ansicht des Präsidenten der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, haben Flüchtlinge keinerlei Recht, sich ein bestimmtes EU-Land für ihren Asylantrag auszuwählen. Die EU-Grenzschutztruppe Frontex soll mehr Kompetenzen erhalten und bis Ende des Jahres 2020 auf 10’000 Beamte aufgestockt werden, sagte er außerdem.

Am 28. und 29. Juni hält der Europäische Rat in Brüssel seine nächste Sitzung ab. Im Mittelpunkt stehen die Themen Migration, Sicherheit und Verteidigung sowie Wirtschaft und Finanzen. Die Gipfelteilnehmer werden laut Pressemitteilung die interne und die externe Dimension der Migrationspolitik erörtern. Dabei soll auch über die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) gesprochen werden. Deren Kernelement ist die Dublin-Verordnung.

Kritik wird von mehreren Seiten geübt. Der Bundeskanzlerin werfen vor allem die Staaten der Visegrad-Gruppe vor, nur die Interessen einiger weniger zu vertreten und andere zu übergehen. In Bezug auf die Vereinbarungen zwischen Merkel und Macron sagen Kritiker aus Deutschland, Frankreich solle Flüchtlinge zurücknehmen, die es ohnehin zurücknehmen müsste, und Merkel empfinde es als gut, Macron dafür entgegenzukommen.

Befürworter einer Quotenregelung sehen die osteuropäischen Mitgliedsstaaten in der Pflicht, Migranten aufzunehmen, da die Lasten von allen gemeinsam getragen werden müssten und die besagten Staaten jahrelang von EU-Geldern profitiert haben. Die EU wiederum habe von der Ausbeutung anderer Länder profitiert und so die Missstände mit zu verantworten.

Mit Argwohn betrachten beide Lager auch die Verordnung „Dublin IV“, welche beim EU-Gipfel Ende Juni beschlossen werden könnte. Der Verein „Pro Asyl“ glaubt beispielsweise, Geflüchtete verlören ihr Recht auf Asyl, wenn sie das Erst-Einreiseland verlassen und sich auf den Weg in das Innere der EU begeben. Die geplanten Änderungen der Dublin-Verordnung werden als Fortsetzung der militärischen und repressiven Abschottungspolitik der EU betrachtet. Menschen, die vor Terror, Krieg und Perspektivlosigkeit fliehen, würden so ihrer Menschenwürde und Hoffnungen auf ein besseres Leben beraubt, heißt es in einer Mitteilung.

Auf der politischen Gegenseite glaubt man, durch die Verordnung „Dublin IV“ wird die Zahl der Zuwanderungen in einem Land desto höher sein, je mehr Zugewanderte sich bereits dort aufhalten. Denn es soll nicht mehr das Land, in dem ein Flüchtling die EU erreicht, für dessen Asylverfahren zuständig sein, sondern unter Umständen jenes, in dem bereits Angehörige des Bewerbers leben. Die Bewerber könnten falsche Angaben machen, wenn sie in ein bestimmtes Land einreisen wollen.

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