STUDIE ZUR BELASTUNG DES BARGELDES MIT NEGATIVEN ZINSEN

Die 500-Euro-Banknote bleibt gesetzliches Zahlungsmittel, wird jedoch ab Ende April 2019 nicht mehr produziert und ausgegeben.

Mit Blick auf die bevorstehende und möglicherweise tiefe Rezession veröffentlichten die Ökonomen des Internationalen Währungsfonds, Ruchir Agarwal und Signe Krogstrup, am 5. Februar 2019 die Zusammenfassung einer Studie des IWF mit dem Vorschlag, das elektronische Geld (Giralgeld) vom Bargeld zu scheiden.

Der Artikel erscheint auf der Seite des Internationalen Währungsfonds unter https://blogs.imf.org/2019/02/05/cashing-in-how-to-make-negative-interest-rates-work/.

Demnach soll das Bargeld einem Wertverlust unterliegen, der durch einen Umrechnungskurs zum elektronischen Geld wirksam wird, sodass auf letzere Guthaben negative Zinsen erhoben werden können. Berichten zufolge sei die Idee bereits ein halbes Jahr zuvor gefasst worden. Mitgewirkt habe Katrin Assenmacher-Wesche, welche hauptberuflich bei der EZB als Abteilungsleiterin für geldpolitische Strategie arbeitet.

Ziel ist es, die Zinsgrenze für Guthaben nach unten zu durchbrechen und hierbei den Vorteil des Bargeldes zu beseitigen. Das elektronische Geld würde dem von der Zentralbank festgelegten Leitzins bzw. Einlagenzins unterliegen, und das Bargeld mit einem entsprechenden Wechselkurs belegt.

Hintergrund ist der bevorstehende Rückgang der Konjunktur. Die EZB reagiert auf einen solchen normalerweise mit einer Senkung des Leitzinses (Hauptrefinanzierungssatz). Niedrige Zinsen sollen zum Ausgeben von Geld anregen, was die Wirtschaft wiederum wachsen lässt. Doch der Leitzins liegt seit dem 10. März 2016 bereits bei 0,0 %. Nach der letzten Krise konnte die Wirtschaft mit dem billigen Geld der Zentralbank wiederbelebt und in einer künstlichen Wachstumsphase gehalten werden. Nun ist das Instrument erschöpft und kann im Falle einer weiteren Rezession nicht mehr angewandt werden.

Der IWF spricht von einem dualen lokalen Währungssystem. Die Zentralbank hätte die Möglichkeit, einen Zinssatz einzuführen, der zur Bekämpfung einer Rezession erforderlich ist, und könne auf eine groß angelegte Bargeld-Substitutionen verzichten.

Der Einlagenzins beträgt derzeit -0,4 % und hat bereits negative Auswirkungen für Sparer. Die Zinssätze der Zentralbanken würden sich zwar auf Bankeinlagen, Kredite und Anleihen übertragen, hätten bislang aber keine Auswirkungen auf das Bargeld. Solange Bargeld zur Verfügung stehe, sei es unmöglich, die Zinssätze deutlich in den negativen Bereich zu senken. Bargeld habe die gleiche Kaufkraft wie Bankguthaben, jedoch ohne Nominalzinsen. Anstatt die Negativzinsen zu zahlen, könne man einfach Bargeld zu Nullzinsen halten, heißt es in dem IWF-Bericht.

Bargeld soll so teuer werden wie Bankeinlagen mit Negativzinsen, schlägt der IWF vor. Das könne den Zentralbanken tief negative Zinssätze ermöglichen, denen man sich mit dem Halten von Bargeld nicht entziehen könne. Bei der Festlegung eines negativen Zinses für elektronisches Geld würde die Zentralbank den Umrechnungssatz von elektronischem Geld in Bargeld so gestalten, das letzteres entsprechend abgewertet wird. Der Wert von Bargeld würde dadurch in Bezug zum elektronischen Geld (Giralgeld) fallen.

Würde die Hausbank eines Kunden Anfang Januar -3 % Zinsen für ein Guthaben von 100 Euro festlegen und den Bargeld-Euro als separate Währung behandeln, der gegenüber dem Giral-Euro einen jährlichen Wertverlust von 3 % hätte, würde sich der Umwandlungssatz von bar auf giral im Jahresverlauf von 1 auf 0,97 ändern. Nach einem Jahr, also Ende Dezember, würde das Guthaben auf dem Konto 97 Euro betragen. Würde der Kunde die 100 Euro Anfang Januar stattdessen abheben und ein Jahr lang zu Hause aufbewahren, würden bei einer anschließenden Zurückführung in das elektronische System nur noch 97 Euro verbucht. Zugleich würden die Geschäfte für einen Artikel zwei Preise auszeichnen: einen für die Bezahlung mit Bargeld, und einen für die Bezahlung mit Bankkarte oder anderen bargeldlosen Formen.

Beschlüsse wurden hierzu noch nicht gefasst. Für die Implementierung eines solchen Systems wären laut IWF Änderungen des Finanz- und Rechtssystems nötig.

Beobachter rechnen damit, dass die Mehrheit der einfachen Bankkunden diesen Veröffentlichungen keine Beachtung schenken wird und sich während der Rezession die Flucht in das Bargeld beschleunigt. Die Ersparnisse der Deutschen belaufen sich summa summarum auf rund sechs Billionen Euro. Um die Konjunktur zu beleben, sollen die Bürger im Falle einer Krise dazu bewegt werden, ihr Geld auszugeben und sich vom Bargeld zu trennen. Denn für die Zukunft werde die elektronische Zahlung favorisiert. Eine gänzliche Abkehr vom Bargeld sei derzeit aber noch nicht gewollt.

Problematisch können im Falle einer Bankenkrise auch Abhebungsbeschränkungen sein. Will ein Kontoinhaber sein Bargeld abheben, um der Gläubigerbeteiligung (Bail-In) zu entkommen, muss er mit Tages- und Wochenlimits, rechnen. Durch das gesetzliche Einlagensicherungssystem sind nur Beträge bis zu 100’000 Euro gedeckt. Diese Beschränkungen könnten aber auch Personen mit weitaus geringeren Guthaben den Zugang zum Geld erschweren.

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