WIE WIRD DIE EZB AUF DIE ZUNEHMENDE TEUERUNGSRATE REAGIEREN?

Im September 2021 lag die Teuerungsrate in Deutschland um 4,1 % über dem Vorjahresmonat. Das ist der größte Zuwachs seit dem Jahre 1993. Das Bundesamt für Statistik verweist darauf, dass sich die zwischenzeitliche Senkung der Mehrwertsteuersätze und der Preisverfall der Mineralölprodukte in Vorjahr erhöhend auf die Gesamtteuerung auswirken. Die Preise für Energieprodukte lagen mit einem Anstieg um 14,3 % deutlich über der Gesamtteuerung. Auch die zu Jahresbeginn eingeführte CO₂-Abgabe wirkt sich erhöhend auf die Teuerungsrate der Energieprodukte aus. Merklich teurer wurden Heizöl (plus 76,5 %) und Kraftstoffe (plus 28,4 %). Auch die Preise für Erdgas (plus 5,7 %) und Elektrizität (plus 2,0 %) erhöhten sich, wie das Bundesamt weiter mitteilt. Ohne Berücksichtigung der Energieprodukte hätte die Inflationsrate im September 2021 bei plus 3,1 % gelegen.

Die Aufmerksamkeit richtet sich nun zunehmend auch auf die Europäische Zentralbank. Ihre wichtigste Aufgabe ist es, für Preiswertstabilität zu sorgen. Dabei orientiert sie sich an einem Inflationszielwert von 2 %, bezogen auf den gesamten Euro-Raum. In einigen Ländern liegt die Rate zwar deutlich darunter, wie etwa in Griechenland mit nur 1,2 %, jedoch können zu große Unterschiede bei einer Gestaltung einer einheitlichen Geldpolitik problematisch werden.

Marktbeobachter gehen von einer weiter zunehmenden Inflationsrate aus und rechnen mit einer Lohn-Preis-Spirale. Ist der Lohnanstieg höher als der Produktivitätszuwachs, werden die Firmen wegen der gestiegenen Lohnkosten die Verbraucherpreise erhöhen, um die Mehrausgaben finanzieren zu können. Ein besonderes Risiko in dieser Situation wäre auch ein strenger Winter mit Versorgungsproblemen. Ebenfalls wird damit gerechnet, dass die Europäische Union weiterhin Gelder am Kapitalmarkt aufnehmen wird, um diese in die Mitgliedstaaten zu transferieren.

Eine signifikante Erhöhung des Hauptrefinanzierungssatzes, um Geld aus dem Markt wieder abfließen zu lassen und so die Inflation zu bremsen, ist nicht möglich. Denn eine Anhebung in der erforderlichen Größenordnung würde die Schuldentragfähigkeit vieler Staaten gefährden. Nicht auszuschließen ist jedoch eine kurzzeitige Erhöhung um 0,25 %, um Handlungsfähigkeit zu demonstrieren. Nimmt die Inflation auch im gesamten Euro-Raum deutlich zu, wird der Zins das Niveau der Inflationsrate aber nicht übersteigen können, sodass der negative Realzins erhalten bleibt. Dieser erleichtert es den Schuldnern, auf eine Entschuldung hinzuarbeiten.

Kommt es zu einer weiteren Wirtschaftskrise, wird die Europäische Zentralbank den Hauptrefinanzierungssatz nicht, wie normalerweise üblich, senken können. Ohnehin würden negative Zinsen den Banken erheblichen Schaden zufügen und zu einer Bankenkrise führen. Letztendlich wird die Notenbank ihre Bilanzsumme immer mehr in Staatsanleihen, Unternehmensanleihen und schließlich Aktien investieren müssen. Neue Möglichkeiten ergeben sich erst durch die Einführung einer virtuellen Zentralbank-Währung, der sogenannten „Central Bank Digital Currency“, CBDC. Im Moment ist eine solche jedoch noch nicht verfügbar. Ist die Einführung absehbar, muss allerdings im Vorfeld mit der Errichtung von Barrieren gerechnet werden, die es Kleinvermögenden erschweren, zwecks Werterhalt den klassischen Weg von der bisherigen Währung über Sachwerte in die neue Währung zu nehmen.

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