HAUSHALTSMANÖVER VERSTÖSST GEGEN DIE VERFASSUNG

Im Klima- und Transformationsfonds fehlen durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nun 60 Milliarden Euro. Der Bundesregierung bleiben nicht viele Möglichkeiten, diese Lücke zu schließen.

Der zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe hat den zweiten Nachtragshaushalt für das Jahr 2021 am 15. November 2023 für nichtig erklärt. Geklagt hatte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, weil sie die sogenannte Schuldenbremse umgangen sah. Diese war im Jahr 2011 inkraft getreten und gebietet Bund und Ländern, sich nicht wesentlich zu überschulden. Ausgenommen sind Notsituationen.

Das Urteil ist bedeutsam für die derzeitige Praxis bei der Haushaltsplanung. Bundes- und Landesregierungen hatten zuletzt kreditfinanzierte sogenannte Sondervermögen geschaffen, um die eigenen Vorhaben umsetzen zu können. Der Haushaltsplan wird dadurch zwar unübersichtlich und intransparent. Die Verfassung konnte auf diese Weise jedoch umgangen werden.

In der letzten Phase der Corona-Zeit, 2021, hatte die Bundesregierung eine zur Schuldenbremse gehörige Klausel, welche in Krisenzeiten das Aufnehmen höherer Schulden gestattet, mit Bedacht für Kreditermächtigungen ausgenutzt. 60 Milliarden Euro hätten zur Verfügung gestanden, um die Folgen der Corona-Maßnahmen bewältigen zu können. Diese wurden während der Corona-Zeit allerdings nicht in Gänze genutzt. Im Frühjahr 2022 verschob die Regierungskoalition diese Kreditermächtigungen in Höhe von 60 Milliarden Euro in den Klima- und Transformationsfonds, um die Verschuldungsoption auch außerhalb der Krisenzeit über mehrere Jahre hinweg nutzen zu können. Dafür wurde rückwirkend für das Jahr 2021 ein Nachtragshaushalt verabschiedet. Finanziert werden sollte damit unter anderem die Sanierung von Gebäuden und die Elektromobilität.

Gemäß dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts war das Vorgehen, einen Nachtragshaushalt für das Vorjahr zu beschließen, verfassungswidrig. Das Gericht erkennt zudem keinen Zusammenhang zwischen der Corona-Krise und er Klima-Krise. Mit letzterer wollte die Bundesregierung den Klima- und Transformationsfonds begründen, um ein Abweichen von der Schuldenbremse zu rechtfertigen. Bundesfinanzminister Lindner kündigte nach dem Urteil die Löschung der Kreditermächtigungen in Höhe von 60 Milliarden Euro an.

Die Bundesregierung hat nun die Möglichkeit, auf geplante Maßnahmen zum Klimaschutz zu verzichten oder Steuern und Abgaben zu erhöhen. Für letzteres dürfte die FDP, gerade mit Blick auf die kommende Bundestagswahl, allerdings nicht zu gewinnen sein. Die Liberalen verbögen sich in der Regierungskoalition bereits jetzt „bis zur Unkenntlichkeit”, befinden einige Mitglieder und fordern den Austritt aus dem Regierungsbündnis.

Durch einen Verzicht auf transformative Maßnahmen würde Deutschland allerdings die vorgegebenen Klimaschutzziele nicht erreichen, was schwerwiegende Konsequenzen für die Bürger hätte. Eine weitere Möglichkeit währe es, die Schuldenbremse zu lockern. Doch Union und FDP lehnen die hierfür notwendige Änderung der Verfassung ab. Geplante Vorhaben wie die Absenkung der Preise für Elektrizität oder die Dekarbonisierung der Industrie sind deshalb nicht mehr ohne weiteres umsetzbar. Mit dem Klimageld ist ebenfalls kaum mehr zu rechnen.

Eine vierte Möglichkeit könnte schließlich der sogenannte Klimanotstand sein. Am 28. November 2019 hatte das EU-Parlament den Klimanotstand für Europa ausgerufen. Die EU-Kommission konnte anschließend ihre gesamte Politik an dem globalen Klimaziel ausrichten. Mehrere Kommunen in Deutschland riefen ebenfalls den Klimanotstand aus. Er ist gesetzlich aber noch nicht abgesichert und hat derzeit nur eine symbolische Bedeutung.

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