DER EINKAUFSMARATHON UND DIE HOHEN ERWARTUNGEN

Vor mehr als einhundert Jahren waren die Weihnachtsfeiertage noch eher eine Zeit der Ruhe und Besinnlichkeit. Mit der extensiven Beschenkerei und den opulenten Festmahlen haben sie sich jedoch ins Gegenteil verkehrt und sind heute ein wahrer Stresstest. Um den geschichtlichen Hintergrund, religiöse und kulturelle Aspekte geht es gar nicht mehr. Sie dienen nur noch der Umrahmung des Spektakels.

Viele Menschen würden gern zur Ruhe und Entspannung zurückkehren, fühlen sich aber so sehr unter Druck gesetzt, dass sie sich dem Treiben nicht entziehen können. So machen sie sich fast widerwillig auf die Jagd nach Schnäppchen, um mit dem begrenzten Budget möglichst viele Verwandte, Freunde, Arbeitskollegen und nicht zuletzt die Kinder beglücken zu können. Es wird darüber nachgedacht, wie man alle möglichst gerecht beschenkt, und wer wohl was gebrauchen könnte. Die Erwartungen sehr hoch; bei Enttäuschungen droht ein Absinken des eigenen Ansehens.

Da kommen Aktionen wie „Black Friday” und „Cyber Monday” gerade recht. Doch sie sorgen nicht für Entspannung, sondern erhöhen den Druck sogar, indem sie das Gefühl vermitteln, die günstigsten Angebote zu verpassen, wenn man nicht schnell genug zuschlägt. Ein Kaufrausch wird in Gang gesetzt. Auffällige Aufsteller, übertriebene Zahlen — das wirkt bei vielen werbeaffinen Menschen und setzt sie in Bewegung. Dabei sind die Produkte nicht viel günstiger als in den Wochen zuvor. Der Preisnachlass liegt im einstelligen Bereich. Denn die angegebenen Rabatte beziehen sich in der Regel auf die unverbindliche Preisempfehlung, die sowieso immer unterschritten wird. Man kann sich also getrost eine Null wegdenken und gelassen bleiben. Fünf statt 50 % — das kommt der Realität schon näher.

Der ganze Stress müsste also gar nicht sein. Ruhe und Besinnlichkeit kehren mit einer besonderen Wirkung dort zurück, wo man die Werbung, dann sich selbst und schließlich sein Handeln hinterfragt hat. Wie kann man dem Konsumrausch entgehen, und warum überhaupt wird Wertschätzung wieder so häufig mit teuren Gaben und üppigen Gelagen zum Ausdruck gebracht? Vielleicht entdeckt der ein oder andere dann ganz neue Möglichkeiten. Die Weihnachtszeit lädt zum Nachdenken ein.

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